
Der 29. Februar war ein schwarzer Tag für Afghanistan. „Ihr habt die Uhren, wir haben die Zeit“, so lautet ein beliebtes Motto der Taliban. Soll heißen: Wenn die US-Truppen und ihre Verbündeten entnervt vom langen Guerillakrieg das Land verlassen, werden die geduldigen Radikal-Islamisten die Macht in Kabul übernehmen. Diese Zeit scheint jetzt gekommen – mit freundlicher Unterstützung des Westens.
US-Präsident Donald Trump hat am vergangenen Wochenende wieder einen seiner Deals gemacht. Ausgerechnet mit den Taliban. Innerhalb von 14 Monaten sollen die US-Truppen und alle anderen ausländischen Einheiten – auch die Bundeswehr – das Land am Hindukusch verlassen. Die Gegenleistung: Die Taliban versprechen, dass Afghanistan nicht erneut zum sicheren Hafen für die Bin Ladens dieser Welt wird. Und sie haben sich verpflichtet, mit der Regierung in Kabul Friedensverhandlungen zu führen.
Doch wenn die internationalen Truppen abziehen, wird sich eine halbwegs demokratisch-legitimierte Regierung nicht lange halten können. Die afghanische Polit-Elite steht nun einmal für Korruption, Misswirtschaft und Machtkämpfe. Auf der anderen Seite die Taliban: militärisch diszipliniert und gut organisiert; sie kontrollieren bereits mehr als die Hälfte des Landes. Ohne US-Unterstützung wird die afghanische Armee den Taliban-Milizen kaum etwas entgegenzusetzen haben.
Und dann? War es das mit Frauenrechten, Bildungschancen für Mädchen, den vielen Studentinnen an den Universitäten. Auch kurze Bärte und Popmusik werden dann gegen die „guten Sitten“ verstoßen. Über allem steht der Gottesstaat, auf Basis der Scharia. Alles schon da gewesen: in den Jahren des Taliban-Terrors von 1995 bis 2001.
Die Amerikaner streuen sich selber Sand in die Augen, sprechen von einem mittlerweile gemäßigten Vertragspartner. Doch von Mäßigung keine Spur. Am vergangenen Mittwoch, nur wenige Tage nach Unterzeichnung des Vertrags, haben die Milizen bei zwei Anschlägen im Norden 20 Sicherheitskräfte getötet. Die US-Truppen sind 2001 in Afghanistan einmarschiert, um das Terrornetzwerk Al Kaida zu bekämpfen, das unter den Taliban freie Hand hatte. Ausgerechnet die USA machen jetzt einen schäbigen Deal mit den früheren Erzfeinden. Welch ein Signal ist das an den Rest der Welt? Die Weltmacht knickt vor Terroristen ein!
Militärisch sind die Taliban nicht zu schlagen. Die Amerikaner wollen nach zig Milliarden Dollar Ausgaben für die Mission und 2400 getöteten US-Soldaten nur noch raus. Mit ihrem Abzug beenden sie aber mehr als nur ein militärisches Desaster. Das demokratische Afghanistan – mit all seinen Schwächen und Fehlern – wird für einen Pakt mit dem Teufel geopfert. Bis Mitte der 70er-Jahre war es eines der fortschrittlichsten Länder Zentralasiens. Bald werden wieder Mittelalter-Islamisten das Sagen haben.
job4u ist die regionale Plattform, wenn es um Lehren und Lernen geht. Neben dem WESER-KURIER, der Handelskammer und der Handwerkskammer Bremen machen sich hiesige Firmen für junge Leute stark.