
Es herrschen dort furchtbare Zustände. Uns liegen Berichte vor, wonach die Menschen auf engstem Raum zusammengepfercht sind, keinen Zugang zu ausreichender medizinischer Versorgung haben und denen es sowohl an Trinkwasser als auch Nahrungsmitteln mangelt. Das ist eine humanitäre Notlage! Wir als UN-Flüchtlingshilfswerk haben ab und an Zugang zu den Lagern und versuchen, die Bedürftigsten in Sicherheit zu bringen.
Oft ist von schlimmen Misshandlungen wie Folter und Vergewaltigung, ja, Tötungen die Rede. Deckt sich das mit Ihren Erkenntnissen?Es kommt in der Tat zu schweren Menschenrechtsverletzungen. Das ganze Register von Gräueltaten ist in diesen Camps präsent. Und nicht zu vergessen: Dies alles passiert inmitten einer bewaffneten Auseinandersetzung. Viele der Flüchtlinge hausen in gefängnisartigen Lagern, die zwischen den Fronten liegen. Erst vor wenigen Tagen starben 50 Menschen durch einen Luftschlag.
Wie kann den festgehaltenen Migranten geholfen werden?Wir versuchen nach wie vor, besonders schutzbedürftige Menschen wie Folteropfer oder unbegleitete Kinder an sichere Orte zu bringen. Zum Beispiel mittels Evakuierung in den Niger. Doch dazu müssen sie ja erst einmal freigelassen werden, wofür wiederum die Zustimmung libyscher Behörden erforderlich ist.
Könnte die EU darauf dringen, dass sich die Behörden kooperativer zeigen?Davon sind wir überzeugt. Denn es gibt ein zentrales Problem: Selbst wenn Menschen freigelassen werden, füllen sich die Lager erneut mit Migranten, weil die auf dem Mittelmeer durch die libysche Küstenwache abgefangenen Flüchtlinge nach Libyen zurückgebracht werden. Daher sollte die weitere EU-Unterstützung für die Küstenwache des Landes mit klaren Bedingungen verknüpft werden, um erneute Gefahr für Leib und Leben der Geretteten auszuschließen.
Gerd Müller, Minister für wirtschaftliche Entwicklung, dringt darauf, die Internierten aus den Lagern zu schaffen. Wächst die Sensibilität für die Not der Menschen?Das UNHCR fordert die Freilassung aller internierten Migranten in Libyen. Die Aufmerksamkeit und Empörung in Europa haben ein neues Niveau erreicht. Wir hoffen, dass damit der Druck auf die politischen Entscheidungsträger wächst. Sie sollten alles tun, damit diese Zustände umgehend beseitigt werden.
Die Fragen stellte Christian Böhme
Dominik Bartsch(52)
ist Deutschland-Repräsentant des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) in Berlin. Der 52-Jährige hat in Konstanz studiert und arbeitet seit 1990 für die Vereinten Nationen.
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