
Noch vor wenigen Monaten hatte die Welt über Kim Jong Un gespottet. Der nordkoreanische Diktator sei zwar skrupellos und brutal, zugleich aber auch größenwahnsinnig. Immerhin hat er sich mit den USA angelegt – der mit Abstand größten Militärmacht der Welt. Hinzu kommt, dass es Kim bei Donald Trump mit einem unberechenbaren, aber ebenfalls zu allen Mitteln entschlossenen US-Präsidenten zu tun hat.
Doch Kim hat sich von Trumps Allüren offenbar nicht einschüchtern lassen. Im Gegenteil: Der nordkoreanische Diktator hat kräftiger zurückgebellt denn je – und dabei hoch gepokert. Nun könnte der Nordkoreaner schon bald als raffiniertester Staatsführer dieses Jahrzehnts in die Geschichte eingehen.
Bei dem zunächst geheim gehaltenen und nun doch offiziell bestätigten Besuch von Kim Jong Un Anfang der Woche in Peking hat sich der nordkoreanische Machthaber bereit erklärt, atomar abzurüsten. „Die Frage der Entnuklearisierung der koreanischen Halbinsel kann gelöst werden, wenn Südkorea und die USA auf unsere Bemühungen mit Wohlwollen reagieren, eine Atmosphäre des Friedens und der Stabilität schaffen, während gleichzeitig progressive und synchrone Schritte in Richtung des Friedens ergriffen werden“, soll Kim laut der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua wörtlich gesagt haben.
Was der nordkoreanische Machthaber damit gemeint haben dürfte: Er ist bereit, sein Atomwaffenprogramm zu stoppen, wenn er im Gegenzug von den USA die Garantie erhält, nicht gestürzt zu werden. Doch um dies garantiert zu bekommen, braucht er China. Und die Unterstützung hat er nun offenbar.
Schon Kims Entspannungsoffensive vor und während der Olympischen Winterspiele war ein geschickter Schachzug. Nach Jahren der Drohungen und Hasstiraden lernte die Welt plötzlich eine charmante Schwester des Diktators kennen und bekam auch noch ein zugegeben etwas skurriles aber äußerst sympathisches Cheerleader-Team des völlig isolierten Stalinistenstaates zu sehen. Dann folgte Kims plötzliche Ankündigung, sich bereits Ende April mit Südkoreas Präsident Moon Jae In treffen zu wollen.
Wenige Tage später dann der Paukenschlag, auch mit Trump persönlich in Kontakt zu treten. Das Treffen zwischen Kim und dem US-Präsidenten ist für Ende Mai anvisiert. Kims Überraschungs-besuch in Peking Anfang der Woche ist ein weiterer genialer Zug. Denn durch eine Aussöhnung mit China kann er sich zusätzlichen Verhandlungsspielraum verschaffen.
Dabei war das Verhältnis zwischen Peking und Pjöngjang in den vergangenen Jahren getrübt. Als er 2013 nach dem Tod seines Vaters die Macht übernahm, ließ der junge Kim zunächst seinen Onkel hinrichten, unter Kims Vater und Vorgänger der zweitmächtigste Mann in Pjöngjang. Der Onkel pflegte gute Beziehungen zu Peking. Im vergangenen Jahr ließ Kim Jong Un auch seinen Halbbruder Kim Jong Nam mit einem Nervengiftanschlag töten.
Der Halbbruder hatte in der südchinesischen Stadt Macao unter Pekings Schutz gestanden. Zudem ist die chinesische Führung gegen Kims Atomwaffen- und Raketenprogramm und trägt seit dem vergangenen Jahr auch konsequent die UN-Sanktionen gegen den einstigen Bruderstaat mit. China war bis dahin der wichtigste Wirtschafts- und Handelspartner des völlig verarmten Landes.
Das Kim-Regime wiederum hatte jegliche Vermittlungsbemühungen der chinesischen Regierung ignoriert. In den vergangenen Wochen befürchtete Peking bereits, Nordkorea könnte ohne den einstigen Verbündeten mit den USA, Japan und Südkorea Verhandlungen führen. Das wäre ein herber Gesichtsverlust für die aufstrebende Großmacht China gewesen. Dass Kim nun doch auch Peking einbindet, schmeichelt der chinesischen Führung.
Zwar fühlt sich der nordkoreanische Führer nach seinen erfolgreichen Raketen- und Nukleartests vom vergangenen Jahr gestärkt. Zugleich gibt es aber Anzeichen, dass die gegen sein Land verhängten Sanktionen Wirkung zeigen und innenpolitisch der Druck auf das Regime steigt. Wenige Wochen vor seinem geplanten Treffen mit Moon und Trump kann Kim nun mit Pekings Rückendeckung mit noch stärkerem Selbstbewusstsein in die Verhandlungen gehen. Der nordkoreanische Machthaber meint es ernst mit der Denuklearisierung – fordert im Gegenzug von den USA aber eben Abrüstung und eine Garantie, nicht gestürzt zu werden. Geschickt hat Kim China für diese Haltung gewinnen können. Nun hat er Trump in Zugzwang gebracht.
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