
Es wird ein Jahr der Weichenstellungen. In der Union werden sich Annegret Kramp-Karrenbauer und Friedrich Merz weiter Scharmützel liefern. Die SPD kommt trotz neuer Doppelspitze nicht aus dem Schlamassel heraus. Auch die Lage der Opposition spitzt sich zu: Die AfD muss sich entscheiden, ob sie einen national-konservativen oder einen radikal-völkischen Kurs à la Björn Höcke fahren will. Eine Identitätsfrage stellt sich ebenfalls bei den Linken: Definieren sie sich künftig als traditionelle Arbeiterpartei oder schielen sie auf das linksliberale Milieu in den Großstädten? Null problemo indes bei den Grünen: Sie schwimmen immer weiter auf der klimabewegten Erfolgswelle.
Und die FDP? Die steckt ausgerechnet vor ihrem Dreikönigstreffen am Montag in einer formidablen Formkrise. Mit den Landtagswahlen im vergangenen Jahr kann die Partei nicht zufrieden sein. Bei der Bürgerschaftswahl in Bremen blieb sie weit hinter dem erhofften zweistelligen Ergebnis zurück. In Sachsen und Brandenburg scheiterte sie an der Fünf-Prozent-Marke. Die lapidare Erklärung von Parteichef Christian Lindner: Die Menschen hätten taktisch gewählt, damit die AfD nicht als Sieger durchs Ziel gehe.
Für Parteivize Wolfgang Kubicki riecht das nach billiger Ausrede. Er kritisiert den „juvenilen Auftritt“ der FDP und die „sehr bunten, sehr knalligen Kampagnen“. Da hat der 67-jährige Haudegen seinem 40-jährigen Vorsitzenden kräftig die Meinung gegeigt. Auch vom Nachwuchs muss sich Lindner Ungewohntes anhören. Ria Schröder, Vorsitzende der Julis, fordert, der Chef solle von seiner Rolle als Alleinunterhalter abrücken. Tatsächlich ist die FDP die einzige im Bundestag vertretene Kraft, in der die Führung von Partei und Fraktion in einer Hand ist.
Was die FDP alarmieren sollte: Sie profitiert nicht von der Krise der Volksparteien. Dabei wäre die Zeit eigentlich reif für die Liberalen: Viele Menschen fühlen sich politisch heimatlos, die AfD ist zu weit nach rechts gedriftet, die CDU wirkt führungslos, SPD und Grüne neigen zum Dirigismus. Doch die Freidemokraten vermögen es nicht, gerade in aufgeheizten, emotionalen Debatten ihren Standpunkt zu vermitteln – siehe etwa beim Klimaschutz. Auch im Bundestag ist die FDP unscheinbar, AfD und Grüne stehlen ihr die Show. Das hat schon etwas Schicksalhaftes: Schließlich war es Lindner, der mit dem Aus für eine Jamaika-Koalition die Partei in die Oppositionsrolle gedrängt hat. Das Fiasko vom November 2017 hängt den Liberalen immer noch wie ein Mühlstein um den Hals.
Die FDP wirkt wie zuweilen ihr Vorsitzender: ausgebrannt, leer, floskelhaft. Sie setzt keine Themen, sie reagiert nur noch. In Umfragen stagniert sie bei sieben, acht Prozent. Lindner sieht seine Truppe dennoch auf dem Weg in die Bundesregierung, vielleicht schon 2021, wie er kürzlich in einem Interview verriet. Das klingt nach Gesundbeterei.
job4u ist die regionale Plattform, wenn es um Lehren und Lernen geht. Neben dem WESER-KURIER, der Handelskammer und der Handwerkskammer Bremen machen sich hiesige Firmen für junge Leute stark.