
Die Bürgerschaftswahl wirft lange Schatten voraus. Das liegt in der Natur der Umstände: Die sozialdemokratische Röte Bremens, einer der bundesweit letzten roten Hochburgen, scheint zu verblassen, was auch am Konkurrenzangebot liegt. Es ist schon etwas her, aber über Jahre hinweg konnten Demoskopen kaum falsch liegen, wenn sie prophezeiten, dass der Wahlabend für die SPD in einem rauschenden Fest enden würde. Momentan sieht es so aus, als ob der Sekt am 26. Mai kaltgestellt werden muss, um die Nerven zu beruhigen.
Die Opposition hat, wenn man den frühen Umfragen Glauben schenken darf, folglich allen Grund, sich mächtig ins Zeug zu legen. Ein Machtwechsel ist so wenig sicher wie ausgeschlossen; jedoch sah es schon düsterer aus für die, die ihn seit Langem herbeisehnen und an der Eingangstür zum Rathaus lauern – Christdemokraten und Liberale.
Man kann sich demnach vorstellen, was im FDP-Sitz und im CDU-Haus los ist: Nächtelang tagen die hellsten Köpfe der Parteien, um zu grübeln, was man aus der Lage machen, wie man zeigen kann, dass man mehr drauf hat als Rot-Grün, und was man tun muss, um die in den Befragungen deutlich gewordene Wechselstimmung zu befeuern. Offenbar wird bislang ausschließlich Letzteres traktiert oder alles andere unterliegt strengster Geheimhaltung.
Das hat sich exemplarisch in der parlamentarischen Auseinandersetzung zum Polizeigesetz gezeigt. Die CDU-Fraktion hat ausgeschlachtet, dass die Koalition in diesem Punkt uneins ist. Den Finger auf die Wunden zu legen, gehört zum politischen Kräftemessen, Oppositionsarbeit kann sich aber nicht darin erschöpfen. Beim Polizeigesetz war die CDU schnell ermattet – der offenbar lieblos zusammengeschusterte CDU-Gegenentwurf für eine Gesetzesnovelle wurde in der Luft zerrissen.
Selbstverständlich war allen Beteiligten klar, dass selbst der genialste CDU-Vorstoß keine Mehrheit finden würde. Aber sich deshalb die Mühe zu sparen, ein solides Konzept vorzulegen, macht das Parlament zu einer Theaterbühne, die Debatte zu einem Schauspiel, das ohne Helden auskommt und für das auch die CDU nur aus den eigenen Reihen Applaus erwarten kann.
Wie sehr sich die Oppositionsarbeit der CDU darauf konzentriert, dem Senat Versäumnisse vorzuhalten und die Differenzen zwischen den Koalitionspartnern mit Ausrufezeichen zu versehen, zeigt eine kleine Auswahl "aktueller Meldungen" der CDU-Fraktion: „Koalition versenkt eigenes Bäderkonzept", „Koalition verschleppt Umsetzung der Meisterprämie“, "Datenklau: CDU fordert Aufklärung", "Koalitionskrach gefährdet Hafenwirtschaft“, "Senatorin versagt beim Krisenmanagement", "Überforderung von Sozialsenatorin im Umgang mit Trägern setzt sich fort" und "Durchhalteparolen vom Senator bringen nichts".
Obgleich sich Spurenelemente seriöser Gegenvorschläge finden lassen, bleibt die Frage, wann sich die CDU den Wählern mit mehr als Alternative empfiehlt, als eine Alternative zu sein. Den Senat abzuwatschen, taugt nicht als Wahlprogramm. Wählt uns, weil wir nicht sie sind, reicht nicht. Die Christdemokraten bewähren sich momentan vor allem als Berufsnörgler. Damit haben sie eine Funktion übernommen, die nicht unbedingt für ihre Regierungsfähigkeit spricht. Die Grünen und die Linken kennen das aus ihren Anfangszeiten. Erst als sie aus dieser Rolle herauswuchsen, wurden ihnen zugetraut, es besser machen zu können als andere, auch in maßgeblicher Funktion.
Offen ist außerdem nicht nur, mit welchen anderen Parteien die CDU regieren will und kann, sondern auch mit welchen Christdemokraten. Wie soll das Schattenkabinett aussehen? Wer steht schon in fiebriger Ungeduld bereit, um das Bildungsressort zu übernehmen und die miesen Pisa-Ergebnisse abzuschaffen? Spitzenkandidat Carsten Meyer-Heder traut sich die Präsidentschaft des Senats zu, aber sonst? Die Christdemokraten mit Kabinettserfahrung – Thomas Röwekamp und Jens Eckhoff – stehen nicht zur Verfügung, und mit dem Senatoren-Import hat die CDU in der Vergangenheit nicht die besten Erfahrungen gemacht.
Es ist ein fundamentaler Irrtum zu glauben, dass es einen selbst zu einer Aufgabe befähigt, wenn man anderen nachweist, ihr nicht gewachsen zu sein. Macht man das Parlament also zu einer Muppetshow, sind Waldorf und Statler die CDU-Fraktion. Die Senioren im ersten Rang, die das Ensemble mit Kritik überziehen, haben manchmal recht und sind auch im Unrecht amüsant. Aber auf der Bühne will sie niemand sehen.
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