
Es bewegt sich etwas auf Kuba, und zwar so schnell, dass schon der neutrale Beobachter kaum noch hinterherkommt. Und den Kubanern wird angesichts der vielen Veränderungen seit Jahresbeginn – Währungsreform, Subventionskürzung, mehr Privatwirtschaft – sogar manchmal richtig schwindlig. Die umwälzenden Maßnahmen der kommunistischen Führung geschehen nicht aus Überzeugung, sondern aus Panik. Jetzt sollen die Menschen plötzlich mit Eigeninitiative richten, wozu der Staat nicht in der Lage ist: die Bevölkerung mit Nahrungsmitteln und den Gegenständen des täglichen Bedarfs zu versorgen.
Es ist gut, dass sich auf dem letzten kommunistischen Eiland im kapitalistischen Meer endlich etwas bewegt. Zu sehr waren die Veränderungen der vergangenen Jahre nur Reförmchen und nicht Reformen. Es waren homöopathische Dosen von Kapitalismus, die erst Raúl Castro und dann der aktuelle Präsident Miguel Díaz-Canel dem speziellen kubanischen Staatsmonopolismus injizierten. Doch die chronische Krise der Wirtschaft hat sich dadurch nicht wirklich gelöst. Ein paar private Restaurants hier, nicht staatliche Zimmervermieter da, ein Hauch mehr Verkaufsfreiheit für die Bauern – das war vor allem für die Touristen schön, aber nicht ausreichend, um die prekären Lebensverhältnisse der Mehrheit der Kubaner zu verbessern. Nur ein paar Hundert Berufe waren bisher für die Selbstständigkeit freigegeben. Bis heute sind erst 13 Prozent der arbeitenden Bevölkerung selbstständig oder in der Privatwirtschaft beschäftigt.
Aber speziell das Pandemie-Jahr 2020 hat die ewig kriselnde Inselökonomie an den Rand des Kollapses gebracht. Der Tourismus, drittwichtigste Devisenquelle Kubas, brach fast völlig ein, genauso wie die Hilfslieferungen des Bruderstaates Venezuela, der selbst am Ende ist. Hinzu kamen zuletzt 123 Sanktionen, die Donald Trump über die Insel verhängte und Reisen und vor allem Geldüberweisungen fast unmöglich machten. Um elf Prozent brach das Bruttoinlandsprodukt im vergangenen Jahr ein, die Regierung ist nicht mehr in der Lage, genügend Nahrungsmittel einzukaufen, um die Bevölkerung satt zu bekommen. Es fehlen schlicht die Devisen. Zudem können die Schulden im Ausland nicht mehr bezahlt werden. Und das Murren der Menschen wird lauter.
Vielleicht auch deshalb ging es zu Beginn des Jahres überraschend schnell. Die absurde Doppelwährung wurde abgeschafft, der Devisen-Peso (CUC) für Ausländer und Unternehmen beerdigt. Jetzt gibt es nur noch den Kubaner-Peso CUP. Das Problem ist nur, dass es lebensnotwendige Dinge oft ausschließlich für den konvertiblen CUC gab. Diese Waren gibt es nun gar nicht mehr, oder sie sind sündhaft teuer, in den Schwarzmarkt abgetaucht und nur noch gegen Dollar zu haben. Die Spaltung der Gesellschaft in diejenigen, die Zugang zur US-Währung haben und diejenigen, die ihn nicht haben, wird so noch größer.
Doch Anfang Februar wurden plötzlich 2000 neue Tätigkeiten für den Privatsektor freigegeben. Nun kommt der Kapitalismus also gewissermaßen aus der Kanone und nicht mehr aus der Kanüle nach Kuba. Dabei scheint China als Vorbild zu dienen, also wirtschaftliche Öffnung bei gleichzeitiger politischer Knute. So richtig es im Prinzip auch sein mag, die Ökonomie zu flexibilisieren, so hart ist diese Veränderung für die Bevölkerung, zumal wenn politische Liberalisierungen ausbleiben.
All dies schürt den Ärger der Kubaner und könnte sie zu Protesten auf die Straße treiben. Die Regierung hat davor große Angst. Vor allem oppositionelle Künstler nutzen diese Verunsicherung aus und fordern die kommunistische Führung mit Hungerstreiks, Facebook-Liveschalten und mit das System kritisierenden Musikvideos heraus. Diese jungen und undogmatischen „Dissidenten“ fürchten das Regime nicht mehr, sondern provozieren es gekonnt. Für sie ist die Revolution nach mehr als 60 Jahren Geschichte und Sache alter bärtiger Männer. Gegen die neuen Waffen der Künstler – das Internet und die sozialen Netzwerke – haben diese alten Männer keine Rezepte, außer Repression und Beleidigung.
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