
Der Bayerische Ärztetag hat Mitte Oktober einstimmig an die bayerische Staatsregierung appelliert, den Weg für Drogenkonsumräume wie anderswo auch endlich freizumachen. Bayern führt bundesweit die Statistik für Tote durch Opiate an. Eindruck machen wird dieser Appell aber wohl nicht. Bayern ist ein besonders krasses Beispiel für eine Drogenpolitik, die nicht den einzelnen Menschen und dessen Schicksal in den Mittelpunkt stellt, sondern eine realitätsfremde Ordnungspolitik.
Eine realitätsgerechte Diskussion muss mehrere Unterscheidungen machen: Jugendliche versus Erwachsene, Handel versus Erwerb zum Eigenkonsum, niedriges versus hohes Gefahrenpotenzial der Substanz, Gelegenheitskonsum versus Abhängigkeitskonsum. Dabei sind wissenschaftliche Erkenntnisse und Erfahrungen anderer Länder zugrunde zu legen.
Cannabis ist eine psychoaktive Substanz mit nur geringem Gefahrenpotenzial. Das sieht inzwischen auch die WHO so, die Anfang des Jahres empfahl, Cannabisblüten und Haschisch aus der Liste der gefährlichsten Drogen zu streichen.
Die Kriminalisierung von Cannabis sollte im Interesse der vielen betroffenen Menschen und der knappen öffentlichen Haushalte beendet werden. Heranwachsende benötigen dagegen auch für Cannabis einen besonderen Schutz. Die Entkriminalisierung des Besitzes von psychoaktiven Substanzen für den Eigengebrauch ist auch für die anderen Substanzen zu fordern. Demgegenüber muss der Handel mit gefährlichen Substanzen weiterhin verfolgt werden. Einen besonderen Schutz und wirksame Hilfe benötigen die suchtkranken Abhängigen. Diese Menschen sind Kranke, denen nicht mit Kriminalisierung und Strafverfolgung geholfen werden kann.
Stattdessen sollte ein Drogenkonsumraum ihnen geeignetere Bedingungen für den Konsum bieten als der öffentliche oder private Raum. Ein regelmäßiges Drug-Checking sollte über die Qualität der im Umlauf befindlichen Substanzen informieren. Auch sollte die zum Methadon alternative Substitution mit Diamorphin ermöglicht werden, um auch solche Heroinabhängige zu erreichen, die mit Methadon nicht erreicht werden können.
Die Verhinderung oder Reduzierung von Schäden durch den Konsum psychoaktiver Substanzen für Einzelne und für die Gesellschaft muss ins Zentrum der Drogenpolitik rücken. Repressive Interventionen gegen Erkrankte sind der falsche Weg, Gesundheitsprävention macht man nicht mit der Polizei.
Unser Gastautor ist Internist und Vorsitzender des Verbandsrates des Paritätischen Bremen. Von Ende 2012 bis Mitte 2015 war er Bremer Senator für Gesundheit.
|
job4u ist die regionale Plattform, wenn es um Lehren und Lernen geht. Neben dem WESER-KURIER, der Handelskammer und der Handwerkskammer Bremen machen sich hiesige Firmen für junge Leute stark.
Weniger Autos, nicht so groß und ohne Verbrennungsmotor - kein Problem ...