
Es gibt mit Gewissheit eine große Anzahl von Oberbürgermeisterinnen und Bürgermeistern, die Bundesfinanzminister Olaf Scholz große Durchsetzungskraft beziehungsweise Verhandlungsgeschick für das neue Jahr wünschen. Das kann nämlich nicht schaden, um eine Altschuldenregelung für hoch verschuldete Kommunen zu finden. Die Aufgabe ist denkbar anspruchsvoll: Laut Experten erfordert sie zum einen eine Verfassungsänderung. Zum anderen ist sie konfliktträchtig, da nur knapp ein Fünftel der etwa 11 000 deutschen Kommunen vom Bund finanziell beglückt werden soll. Vier Fünftel werden entsprechend mäßig begeistert sein.
Dabei gibt es Gemeinden, die praktisch schuldenfrei sind. Sie liegen überwiegend in den alten Bundesländern und in deren Süden. Von dort verlangt Scholz, gönnen zu können, familiäre Solidarität und verständnisvolle Großzügigkeit. In einem Interview mit der „Berliner Morgenpost“ sagte er: „Im Föderalismus ist es manchmal wie in einer Familie, wo ein Kind sich beschwert, dass das andere Kind eine neue Jacke bekommen hat, und es nicht, weil seine Jacke noch tadellos ist.“
Länderfamilie, Zusammenhalt, Verständnis? Da war doch was? Ganz genau: Der sogenannte horizontale Länderfinanzausgleich bestimmte die Grenzen der Solidarität. Die Geberländer Bayern, Baden-Württemberg und Hessen wollten ihn mehrfach aufkündigen. „Wir sind solidarisch, aber nicht blöd“, sagte beispielsweise der damalige bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer. Der Kritik in Worten folgten Taten: 1998 strengten die Länder vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eine Klage an. Eine weitere wurde 2013 zurückgezogen, da die Verhandlungen um den neuen Finanzausgleich begannen, der mit dem neuen Jahr in Kraft getreten ist.
Ein Hauptargument der Südländer: Es gebe keinen Anreiz, verantwortungsvoll zu haushalten, wenn man sich auf die Hilfe anderer verlassen könne. Die einen leisteten sich trotz hoher Schulden neue Hallenbäder (und damit Zuschüsse), andere täten alles, um zu sparen und ihre Einnahmen zu erhöhen. Ähnliches wird auch die Diskussion um die (Teil-)Entschuldung von Kommunen bestimmen.
Indes dürfte auch ein Gegenargument den Bremern bekannt vorkommen: die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse. Eine Schuldenkappung könnte einen Beitrag dazu leisten, dass es keinen allzu großen Unterschied macht, ob man sich in Garmisch-Partenkirchen oder in Flensburg ansiedelt. Das darf man laut Grundgesetz am Dialekt erkennen oder an der Geografie, nicht aber am Zustand der Schulen oder Straßen.
Die Regierungskommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ kam bereits im Sommer zu dem Schluss, dass eine Altschuldenregelung ein angemessenes Mittel sei, Städten wie Darmstadt (Pro-Kopf-Verschuldung Ende 2017: 14 581 Euro) und Kaiserslautern (11 477) neue Perspektiven zu eröffnen und ihre Einwohner nicht übermäßig zu benachteiligen. Das Beispiel Bremerhaven (seit Mittwoch schuldenfrei) verdeutlicht das. Die Stadt müsste in diesem Jahr 50 Millionen Euro für Zins und Tilgung ausgeben, wenn das Land die Schulden (1,7 Milliarden Euro) nicht übernommen hätte. Dazu dient auch die „Hessenkasse“: In 179 Kommunen wurde der „Reset-Knopf gedrückt“, indem sie „aus dem Dispo geholt“ wurden, wie Hessens Finanzminister Thomas Schäfer formulierte. Kassenkredite in Höhe von fast fünf Milliarden Euro hat das Land übernommen, sie werden gemeinsam mit den Gemeinden getilgt.
Die Städte Bremen und Bremerhaven sind also entschuldet, das ändert nur nicht viel an der Lage des Landes. Die „Süddeutsche Zeitung“: „Die Nacht der Nächte, in der es wie seine Stadtgemeinden schuldenfrei sein wird, wird also noch eine Weile auf sich warten lassen – bei einem Schuldenabbau im aktuellen Tempo etwa 730 Jahre.“
Um die Zeit zu verkürzen – falls es an der Bereitschaft aller Länderfamilienmitglieder für eine Altschuldenlösung gebricht, von der Bremen profitiert – bleibt der Weg, den der Bürgermeister des niedersächsischen 8000-Einwohner-Dorfs Algermissen eingeschlagen hat: Er startete in den 1980er-Jahren einen strikten Sparkurs. Um die allerletzten Schulden zu tilgen, absolvierte er seine Termine mit einem großen Sparschwein unterm Arm, berichtet die „Zeit“. So gelang es, die Kredite komplett abzulösen. Bürgermeister Andreas Bovenschulte tourt bekanntlich schon durch Bremens Stadtteile. Eine Spardose wird sich auftreiben lassen.
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