
Der US-amerikanische Politikwissenschaftler Andrew Wolff sieht Deutschland in der Pflicht, mehr für die Verteidigung Europas zu tun. Die USA würden sich zunehmend aus der internationalen Sicherheitspolitik zurückziehen und die europäischen Nato-Partner so zu mehr Eigeninitiative zwingen. „Wir leben in einer neuen Welt, Europa und Deutschland müssen sich mehr auf sich selbst verlassen“, sagte Wolff am Mittwoch bei einem Vortrag in der Bremer Baumwollbörse. Dazu eingeladen hatte der Bremer Verein „Carl Schurz Deutsch-Amerikanischer Club“, der sich dem Austausch zwischen beiden Nationen verpflichtet hat.
Der Grund für den Rückzug aus der Nato liege nicht nur in der isolationistischen „America-First“-Politik des US-Präsidenten Donald Trump: Das Haushaltsdefizit der Vereinigten Staaten wachse jedes Jahr weiter an. Spätestens zur Wahl 2024 werde das Minus ein entscheidendes Thema sein. Daher erwarte Wolff, dass vor allem beim überaus kostenintensiven Militär gespart werde, und da als erstes am Engagement in Europa.
Während des Kalten Krieges habe Westdeutschland bis zu vier Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung ausgegeben. 2018 lag der Anteil mit 1,23 Prozent deutlich unter dem Nato-weit vereinbarten Ziel von zwei Prozent. Das hatte zu Kritik aus amerikanischen Führungskreisen geführt.
Das Ende des Kalten Krieges sei für Wolff kein Grund, die Verteidigungspolitik voll und ganz aus den Augen zu verlieren. „Der Georgienkrieg 2008 hätte ein Weckruf für Europa sein sollen“, sagte er. Die Annexion der Krim, Cyberattacken, Einmischung in westliche Wahlen und sonstige Drohgebähren seien starke Indizien dafür, dass Russland unter Wladimir Putin zunehmend aggressiv auftritt: „Die russische Regierung wird sich an absehbarer Zeit nicht ändern, und wenn, dann vielleicht zum Schlechten.“
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