
Müssen Konzertbesucher in Zukunft eine Corona-Impfung vorweisen? Laut dem Ticketverkäufer CTS Eventim ist diese Forderung gar nicht so unrealistisch. Grundsätzlich sollten Veranstalter zumindest eine entsprechende Möglichkeit zugestanden bekommen, sagte der Vorstandsvorsitzende Klaus-Peter Schulenberg gegenüber der „WirtschaftsWoche“.
„Wenn es genug Impfstoff gibt und jeder sich impfen lassen kann, dann sollten privatwirtschaftliche Veranstalter auch die Möglichkeit haben, eine Impfung zur Zugangsvoraussetzung für Veranstaltungen zu machen“, erklärte er. Die entsprechenden technischen Voraussetzungen hätte sein Konzern bereits geschaffen: „Wir haben unsere Systeme so eingerichtet, dass sie auch Impfausweise lesen können.“
Er könne zwar verstehen, dass Menschen hinsichtlich der Impfung Bedenken hätten, allerdings hoffe er weiter, dass diese in Zukunft verschwinden: „Wenn man sieht, wie nun weltweit ohne relevante Nebenwirkungen geimpft wird, dann ist zu hoffen, dass diese Skepsis auch bald schwinden wird“, so Schulenberg.
Doch auch die Verteilung der Impfdosen innerhalb der Bevölkerung möchte Eventim unterstützen: In Schleswig-Holstein organisiert der Ticketverkäufer deshalb die Vergabe von Impfterminen. Laut Schulenberg laufe dies bislang problemlos: „Unser System hat die Anfragen nach den Impfterminen kaum gespürt. Wenn die Rolling Stones, Rammstein oder Ed Sheeran in den Verkauf gehen, dann haben wir mehr als eine Million Anfragen pro Minute. Davon waren wir weit, weit weg.“ Eine vergleichbare Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern sowie mit Österreich, Italien, Brasilien und der Schweiz würde gerade besprochen.
„Je schneller die Bevölkerung geimpft ist, desto schneller können auch Veranstaltungen wieder stattfinden“, erklärte Schulenberg. Im Vordergrund stehe für ihn allerdings, „einen Beitrag zu leisten, damit wir alle diese Pandemie baldmöglichst überwinden“.
Bundesjustizministerin Lambrecht hat keinen grundsätzlichen Einwand gegen den Appell des Unternehmens. Privatunternehmen dürften im Grundsatz selbst bestimmen, mit wem sie Geschäfte machen möchten. „Juristen sprechen hier vom Grundsatz der Privatautonomie. Wenn zum Beispiel die Restaurants wieder öffnen dürfen und ein Restaurantinhaber dann ein Angebot nur für Geimpfte machen möchte, wird man ihm dies nach geltender Rechtslage schwerlich untersagen können“, betonte die Justizministerin gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Sie verwies aber darauf, dass es anfangs nicht genügend geimpfte Personen geben werde, „dass sich solche Unterscheidungen für die Wirtschaft lohnen würden. Und je weiter die Impfungen voranschreiten, desto eher werden wir alle zur Normalität zurückkehren können. Wir sprechen hier also nur über einen relativ kurzen Übergangszeitraum.“
Der Chef der Jungen Union, Tilman Kuban, sprach sich dagegen aus, Corona-Regeln für Geimpfte früher aufzuheben. „Was natürlich nicht sein kann, um das ein bisschen flapsig zu sagen, ist, dass im Sommer die Rentner am Strand liegen, aber die junge Generation weiterhin zu Hause sitzt und sich noch mit einer Person treffen darf. Da wird man am Ende keine Akzeptanz für bekommen“, sagte der CDU-Politiker dem Politikjournal „Rundblick Niedersachsen“ (Mittwoch).
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte am Dienstagabend in der ARD-Sendung „Farbe bekennen“, derzeit sei nicht klar, ob ein Geimpfter noch andere anstecken könne. Solange das nicht geklärt sei, könne es überhaupt keine besonderen Maßnahmen oder Rechte für Geimpfte geben.
Mit Blick auf Menschen, die sich später bei ausreichendem Impfangebot nicht immunisieren lassen wollen, fügte Merkel hinzu: „Dann muss man vielleicht schon solche Unterschiede machen und sagen: Ok, wer das nicht möchte, der kann vielleicht auch bestimmte Dinge nicht machen.“
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte bereits vor einigen Wochen vor besonderen Regeln für Geimpfte gewarnt, weil dies auf einen Impfzwang durch die Hintertür hinauslaufen könnte. Einen Zwang zur Corona-Impfung hatte die Bundesregierung stets ausgeschlossen.
Allerdings hatten sich andere Politiker dafür ausgesprochen, Geimpften erweiterte Freiheiten einzuräumen. Außenminister Heiko Maas (SPD) hatte Mitte Januar gefordert, Geimpften früher als anderen den Besuch von Restaurants oder Kinos zu erlauben. Der oberbayerische Landkreis Altötting hatte am 22. Januar damit begonnen, Corona-Geimpften digitale Impfkarten auszuhändigen.
Der Vorstoß von Eventim-Chef Schulenberg hat die Debatte um Sonderrechte für Geimpfte neu entfacht. Und sie wird in den nächsten Tagen kaum leiser werden: Am Donnerstag will der Deutsche Ethikrat um die Vorsitzende Alena Buyx eine Empfehlung „Besondere Regeln für Geimpfte?“ vorstellen.
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