
Es gibt einen Satz, an den ich immer am Weltfrauentag denken muss. „Das letzte Aufbäumen der Männer, bevor die Frauen übernehmen.“ Diesmal macht sich dieser Widerstand besonders stark bemerkbar. Wo man hinschaut, weht einem das müffelige Testosteron der 50er Jahre entgegen. Und dabei spielt es keine Rolle, ob die Herrschaft 30 oder 70 ist: Merz, Lindner, Amthor, Kuban – daneben wirkt Robert Habeck wie die fleischgewordene lila Latzhose.
Entschuldigung, ich will hier nicht zum Kampf gegen Männer aufrufen. Ich mag sogar einige. Meine Sorge gilt den Frauen, die in einer Zeit, in der sie zumindest theoretisch alle Möglichkeiten hätten, die Zeit damit vergeuden, gegen andere Frauen zu hetzen, statt sich mit ihnen zu solidarisieren. Frauen werden von Frauen ausgegrenzt, weil ihre Lebensweise nicht der eigenen entspricht. Diese Frauen müssen sich nicht nur gegen Männer behaupten, sondern sich auch gegenüber Frauen rechtfertigen. Zwischen freiwilligem Kopftuchtragen und freiwilliger Sexarbeit ist der Korridor der Ausgrenzungen groß.
Das stößt Frauen nicht nur vor den Kopf, sondern liefert den Männern Argumente, pauschal über Frauen zu urteilen. Der Feminismus von heute hat mit dem Feminismus der 68er nichts gemein. Heute leben Frauen mit Selbstverständlichkeiten, die von anderen Frauen hart erkämpft werden mussten. Es ist erst 22 Jahre her, dass Friedrich Merz mit 137 anderen gegen die Vergewaltigung in der Ehe als eigener Straftatbestand gestimmt hat.
In Zeiten, in denen sich Männer selbst als Feministen bezeichnen, erscheinen diese Diskussionen wie aus der Steinzeit. Feminismus hat nicht mehrere Seiten, wo es am Ende darum geht, wer gewinnt und wer verliert. Der Feminismus, den ich meine, respektiert jede Frau, auch wenn ihr Lebensmodell ein anderes ist. Feminismus sollte nur ein Ziel haben – gleiche Rechte für jede Frau. Frauen erleben tagtäglich unterschiedliche Formen von Benachteiligung, nur weil sie Frauen sind. Wenn wir uns selber Steine in den Weg legen, freuen sich am Ende die Männer. Solange wir mit unseren Befindlichkeiten beschäftigt sind, können sie ihre Vorteile genießen.
Der Verdienst zwischen Männern und Frauen liegt immer noch nicht auf gleicher Höhe. Für Frauen sind Kinder ein Karriereknick und ein Armutsrisiko. Altersarmut betrifft hauptsächlich Frauen. Frauen finden sich unterdurchschnittlich bis kaum in Spitzenpositionen, und das, obwohl Frauen im Durchschnitt besser ausgebildet sind und bessere Noten haben. Das Rad der Emanzipation kann zum Glück nicht zurückgedreht werden. Aber es wird zu oft versucht, die Entwicklung zu unseren Ungunsten auszubremsen. Die Gesetzgebung hat riesige Gerechtigkeitslücken zwischen Mann und Frau geschlossen. Jetzt geht es darum, sie im Alltäglichen zu greifen und mit Leben zu füllen. Dafür braucht die Gleichberechtigung jede einzelne Frau.
Unsere Gastautorin ist Schriftstellerin („Einmal Hans mit scharfer Soße“) und Journalistin. Die 50-Jährige wurde in Anatolien geboren, wuchs in Duisburg als Tochter eines Bergmanns auf und lebt heute in Berlin.
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dank dem spender.