
Bei den Grünen läuft es: Kaum eine andere Partei hat seit der Bundestagswahl 2017 in Umfragen so stark zugelegt wie die Öko-Partei. Während CDU/CSU auf der Stelle treten, die SPD weiter abrutscht und Linke und Liberale stagnieren, haben sich die Grünen seitdem von 8,9 auf bis zu 15 Prozent hochgearbeitet. Nur die AfD kann einen ähnlich großen Zuwachs verzeichnen.
Dabei begann es für die Grünen alles andere als optimal. Der Traum einer erneuten Regierungsbeteiligung, er scheiterte nach einer quälenden Verhandlungsphase am Ausstieg der FDP. Es wurde nichts aus einer „Koalition des Aufbruchs“, zu der auch einige Grüne das geplante Jamaika-Bündnis bereits verklärt hatten. Statt dessen wieder eine Große Koalition – und die Grünen-Spitze um den auf das Außenamt schielenden Cem Özdemir und der blassen Simone Peter um eine riesige Enttäuschung reicher.
Doch keine zwei Monate später kam der Aufbruch. Zuerst schmissen die Grünen ihre Satzung über den Haufen und kippten den heiligen Grundsatz der Trennung von Amt und Mandat. Und dann kümmerten sie sich zum ersten Mal in ihrer Geschichte nicht um ihre zweite heilige Kuh, die Lager-Arithmetik, und wählten sich eine ausschließlich realpolitische Doppelspitze. Hier ein Fundi, da ein Realo – so war es immer gewesen. Die Wahl von Annalena Baerbock und Robert Habeck brach endgültig mit diesem unsinnigen Relikt.
Nun präsentieren also zwei Realos das neue Gesicht der Grünen. Das Ergebnis nach sieben Monaten: Die Partei wirkt frischer, mutiger und ideenreicher als unter Özdemir und Peter. Schon optisch kommen die beiden, die auch in einer Neuverfilmung von „Bonnie und Clyde“ eine gute Besetzung wären, grünen-authentischer rüber als ihre Vorgänger. Sie sind es aber zum Glück für die Partei auch inhaltlich.
Gerade hat Habeck auf dem Wirtschaftsempfang der Bremer Handelskammer frischen Wind durch die Reihen der Pfeffersäcke gepustet. Weil er aneckte, statt sich anzubiedern. Und weil er kluge Sachen sagte, die den Wirtschaftsvertretern noch länger in den Ohren klingen werden. Er konstatierte einerseits die latente Fremdheit zwischen Grünen und Ökonomie, baute andererseits Brücken, weil er von der Politik mehr Gestaltungswillen forderte, auch in Bezug auf die Wirtschaft. Das machte Eindruck.
Und Annalena Baerbock? „Zuhören und zuspitzen“, so überschrieb die „taz“ jüngst ein Porträt über die neue Parteichefin. Längst hat auch sie sich selbst bei linken Grünen Respekt verschafft. Sie setzt, wie Habeck, auf klare Kante: nicht erklären, was Menschen essen sollen, sondern eine radikal andere Landwirtschaft fordern. Die Grünen, sie pushen wieder urgrüne Themen. Und schärfen damit, egal ob Klimakrise oder Flüchtlingsfragen, ihr Profil.
job4u ist die regionale Plattform, wenn es um Lehren und Lernen geht. Neben dem WESER-KURIER, der Handelskammer und der Handwerkskammer Bremen machen sich hiesige Firmen für junge Leute stark.