
Infolge des Impfgipfels hat sich zum Teil geklärt, welche Lieferzusagen von den drei Herstellern der ersten Stunde vorliegen. Und auch wenn die Kanzlerin betont, ihr Versprechen eines Angebots für alle bis Ende des Sommers halten zu können – selbst ohne Zulassungen für weitere Anbieter–, würde es mit mehr Impfstoff doch deutlich schneller gehen. Daher richtet sich die Aufmerksamkeit zunehmend auf die nächste Reihe der Wirkstoffe, die ihre Einsatzbereitschaft bewiesen haben, in der EU aber noch keine Marktlizenz besitzen. Die aussichtsreichsten Kandidaten kommen aus Europa, doch auch Anfragen in Russland und China sind angesichts der wachsenden Ungeduld ins Gespräch gekommen.
Die größte Hoffnung ruht auf dem Wirkstoff des US-Konzerns Johnson & Johnson, der eigentlich ein europäisches Produkt ist: Er stammt von dem Tochterunternehmen Janssen Pharmaceutica aus Belgien. Für dieses Produkt hat die EU schon konkrete Bestellungen abgegeben. Wenn der Stoff wie geplant seine Zulassung erhält, dann sollte Deutschland im Zeitraum April bis Juni zehn Millionen Einheiten erhalten. Da hier nur eine Dosis nötig ist, lassen sich damit genauso viele Leute impfen. Im restlichen Jahresverlauf sollen noch einmal 27 Millionen Dosen kommen.
Das Präparat von Johnson & Johnson hat im Vergleich zum Marktführer Biontech große Vorteile, aber auch Nachteile. Es ist bei Raumtemperatur stabil und hält sich im normalen Kühlschrank mindestens drei Monate. Etwas problematisch ist dagegen die Wirksamkeitsrate von nur 57 Prozent oder weniger gegenüber der zuerst in Südafrika beobachteten Virus-Variante. Johnson & Johnson wirbt zwar mit einer Wirksamkeit von 72 Prozent in den USA – doch die Daten wurden erhoben, bevor die Mutanten sich dort verbreiten konnten. Auf der Positivseite hat Johnson & Johnson seine weltweiten Tests sinnvoller geplant als Konkurrenz Astra-Zeneca. In die Studien waren 13.000 Personen über 60 Jahre einbezogen. Der Impfstoff konnte also auch seine Wirksamkeit für Senioren beweisen. Astra-Zeneca und Johnson & Johnson verwenden das gleiche Grundprinzip: Sie mogeln DNA von Sars-CoV-2 im Inneren von Erkältungsviren in den Körper.
Wesentlich wirksamer als die Produkte von Astra-Zeneca und Johnson & Johnson ist ein weiterer Konkurrent aus den USA. Der Impfstoff von Novavax verhindert die Erkrankung zu 90 Prozent, befindet sich damit auf einer Ebene mit den Produkten von Biontech und Moderna. Dumm nur, dass die EU keinen Liefervertrag mit Novavax abgeschlossen hat und bisher noch Vorgespräche führt. Leider überlistet die in Südafrika zuerst entdeckte Variante auch Novavax. Die Wirksamkeitsrate fällt ihr gegenüber dramatisch ab. Es sieht so aus, als werde der Virenstamm B.1.351 mehr und mehr zu einem echten Problem für die Impfstoffhersteller.
Die EU hat bereits einen Vertrag mit dem Tübinger Anbieter Curevac, der wie Biontech und Moderna einen mRNA-Impfstoff auf den Markt bringen will. Die letzte Testreihe wird aber erst Ende März oder Anfang April abgeschlossen sein. Wenn das Präparat seine Zulassung erhalten hat, soll es mit den Lieferungen nach und nach losgehen. Bis Juni soll Curevac nach bisheriger Prognose der Regierung 3,5 Millionen Dosen bereitstellen. Die Mengen werden erst in der zweiten Jahreshälfte deutlich ansteigen.
Eine neue Wendung nahm die Impfstoffdiskussion durch eine Äußerung von Gesundheitsminister Jens Spahn. Dieser hatte nicht ausgeschlossen, russische oder chinesische Impfstoffe zu beschaffen, um den Engpass zu überwinden. Russland hatte sich bereit erklärt, der EU 100 Millionen Dosen von „Sputnik V“ zu liefern. Ebenso ist China immer bereit, die Produkte der Firmen Sinopharm, Sinovac und Cansino Biologics zur Verfügung zu stellen.
China und Russland wollen mit der hohen Lieferbereitschaft auch die Leistungsfähigkeit ihrer Pharmaindustrie herausstellen und vermarkten die Impfstoffe auch im politischen Auftrag eher offensiv. Die internationalen Lieferungen der beiden Länder gehen dabei sogar auf Kosten der eigenen Immunisierungsanstrengungen. Und nach Kritik an fehlenden belastbaren Studien veröffentlichten jetzt russische Forscher weitere Details zu „Sputnik V“. Demnach hat das Vakzin eine Wirksamkeit von 91,6 Prozent.
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