
Bei der FDP habe es keinen Meinungsumschwung gegeben, hieß es danach. Bei dem Treffen soll Steinmeier – ebenso wie zuvor gegenüber den Grünen-Vorsitzenden Cem Özdemir und Simone Peter – deutlich gemacht haben, dass es keinen Automatismus in Richtung Neuwahlen gebe. Außerdem soll er sich nach dem Verlauf der Jamaika-Gespräche erkundigt haben, um zu sehen, wo Lösungsmöglichkeiten bestehen könnten. Das Bundespräsidialamt wollte sich auf Anfrage nicht äußern. Es sei Vertraulichkeit vereinbart worden, hieß es.
Nach einem Treffen mit CSU-Chef Horst Seehofer an diesem Mittwoch kommt Steinmeier am Donnerstag auch mit dem SPD-Vorsitzenden Martin Schulz zusammen. Auch die Präsidenten von Bundestag, Bundesrat und Bundesverfassungsgericht will er in den nächsten Tagen sprechen und dabei Möglichkeiten ausloten, doch noch zu einer neuen Regierung zu kommen.
Möglich wäre, dass die FDP an den Verhandlungstisch zurückkehrt oder die SPD sich Gesprächen über eine Große Koalition mit der Union doch noch öffnet. Denkbar ist auch eine Minderheitsregierung. Andernfalls käme es zu Neuwahlen. Die Entscheidung darüber trifft Steinmeier nach Artikel 63 des Grundgesetzes.
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble rief die Parteien zu Kompromissbereitschaft auf. Es gebe in Deutschland derzeit eine außergewöhnliche Situation, sagte Schäuble) im Parlament. „Es ist eine Bewährungsprobe, aber es ist keine Staatskrise.“
Zu Beginn der Bundestagswoche in Berlin betonte er: „Mit der Wahl hat das Volk entschieden, damit müssen wir als Gewählte nun umgehen, verantwortlich umgehen.“ Der CDU-Politiker betonte: „Klar ist, dass regiert werden muss.“ Kompromisse gingen aber nicht im Hauruckverfahren.
"Die SPD hat sich zu weit festgelegt"
Aus der SPD-Bundestagsfraktion wurden erste Stimmen laut, die den Beschluss der Parteispitze gegen eine erneute Große Koalition kritisieren. So sprach sich der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Bernd Westphal, für Kontakte mit CDU/CSU und gegen Neuwahlen aus. „Die SPD hat sich zu weit festgelegt“, sagte er dem „Handelsblatt“.
Der Rechtsexperte der SPD-Fraktion, Johannes Fechner, sagte der Zeitung: „Die SPD sollte nicht vorschnell auf Neuwahlen drängen und das Gespräch mit dem Bundespräsidenten ernst nehmen.“ Unterdessen nahm auch die Diskussion über Chancen und Risiken einer Minderheitsregierung Fahrt auf. Die SPD-Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles kann sich anscheinend die Tolerierung einer unionsgeführten Regierung vorstellen.
„Das hängt davon ab, da müssen wir jetzt drüber reden“, sagte sie im ZDF. Zugleich betonte Nahles mit Blick auf mögliche Neuwahlen: „Da hat niemand wirklich Lust drauf.“ Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hält eine Minderheitsregierung allerdings für sehr unwahrscheinlich. Das Land habe keine Tradition in dieser Hinsicht, sagte er in Stuttgart. „Ich denke nicht, dass es dazu kommen wird.“
Dagegen meinte der frühere Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele im Bayerischen Rundfunk, die Grünen sollten offen sein für die Beteiligung an einer Minderheitsregierung. Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) appellierte im ZDF an die SPD, die Worte Steinmeiers zu „wägen“.
Wenn es nicht passt, passt es nicht
In den nächsten drei Wochen müsse Klarheit geschaffen werden, ob auf der Grundlage des Wahlergebnisses eine stabile Regierung gebildet werden kann. „Eine Minderheitsregierung, die von niemandem unterstützt und getragen wäre, wäre sicherlich keine gute Lösung für das Land“, so Altmaier.
Lindner warb in einem Brief an die FDP-Mitglieder um Verständnis für den Abbruch der Sondierungen. Auf dem Verhandlungstisch habe am Ende im Wesentlichen „ein ambitionsloses Weiter-so auf dem Kurs der Großen Koalition“ gelegen, gespickt mit zahlreichen Wünschen der Grünen.
„Dafür können und wollen wir nicht zur Verfügung stehen“, schrieb der FDP-Chef. Sein Vize Wolfgang Kubicki machte deutlich, dass es keinen alleinigen Schuldigen gebe. „Wir alle haben es nicht hingekriegt“, sagte er „Man muss respektieren: Wenn es nicht passt, dann passt es nicht.“
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