
Anfang März war sie schon abzusehen, die dritte Welle der Corona-Pandemie in Deutschland. Und dennoch hatten sich Bund und Länder an jenem 3. März nach langwierigen Verhandlungen auf vorsichtige Öffnungsschritte verständigt. Geschäfte und Kultureinrichtungen öffneten unter Auflagen, Kinder sahen ihre Mitschüler wieder, Besuchsregelungen wurden gelockert. Die Rede war von kostenlosen Schnelltests für alle, mehr Impfungen und besserer Rückverfolgung von Infektionen. Die eindringlichen Warnungen von Medizinerinnen und Virologen verhallten, statt dessen erklärte Angela Merkels Kanzleramtschef Helge Braun (CDU), man könne die Gesellschaft nicht länger im „Winterschlaf“ halten.
Mittlerweile ist der Frühling eingekehrt – und mit ihm die angekündigte Viruswelle. Die vom Robert-Koch-Institut ermittelte Sieben-Tage-Inzidenz liegt am Montag, dem Tag der Ministerpräsidentenkonferenz, bei 107,3.
Also deutlich über dem Wert jener „Notbremse“, die die Länderchefs dreieinhalb Wochen zuvor vereinbart hat. Diese sieht die Rücknahme der Öffnungen vor. Aber die Menschen im Land sind der sich immer aufs neue ändernden Regelungen müde. Tests und Impfungen laufen nach wie vor schleppend. Dass Abgeordnete persönliche finanzielle Vorteile aus Maskenverkäufen gezogen haben sollen, hat auch nicht gerade zum Vertrauen ins politische Personal beigetragen.
Coronamüde und desillusioniert – das also ist die Lage im Lande. Gleichwohl müssen die Menschen wissen, wie es jetzt für sie weitergeht. Wie verbindlich ist die „Notbremse“ konkret? Diskutiert wurde zwischen Kanzleramt und Länderchefs, ob sie für einzelne Landkreise oder ganze Bundesländer gelten soll. Müssen die Schulen wieder schließen? Hier ist wichtig, ob zweimal wöchentlich stattfindende Coronatests für die Lehrkräfte sowie die Kinder und Jugendlichen sichergestellt sind. Wird es verpflichtende Tests für Auslandsreisende, womöglich gar eine Quarantänegeben? Reiseunternehmer winken ab. Und soll es tatsächlichjene Ausgangssperre geben, von der in der Diskussionsvorlage aus dem Kanzleramt die Rede ist?
Sehr schnell waren sich am Montagabend die Teilnehmenden der Videokonferenz einig, dass der Lockdown bis zum 18. April – also über die Osterfeiertage hinaus - verlängert wird. Auch dass die strengeren Besuchsregelungen bestehen bleiben sollen. Zur Lage in Alten- und Pflegeeinrichtungen wurde festgehalten, Ungeimpften wie etwa neuen Bewohnern schnell Impfangebote zu machen. Nachdem sowohl die Bewohnerinnen und Bewohner als auch die Pflegekräfte vorrangig geimpft worden seien, geben es nun „die Erwartung einer Normalisierung der seit langem angespannten Situation". Dennoch müssten weiterhin die Hygiene- und Testregeln befolgt werden, da noch unsicher sei, ob Geimpfte ansteckend sind oder nicht.
Doch beim Thema Reisen gerieten die Gespräche ins Stocken. Schließlich wurde die Sitzung mehrere Stunden lang unterbrochen. In der aktuellen Situation Urlaubsreisen zu ermöglichen sei, so die Kanzlerin nach Berichten mehrerer Quellen, das falsche Signal. Anlass ist für sie die Erklärung von fünf Ministerpräsidenten, ihren Bürgern trotz der dritten Corona-Welle samt Virusvarianten „kontaktlosen Urlaub“ im eigenen Bundesland erlauben zu wollen. Sollten Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz weiter darauf bestehen, könne sie den Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz nicht mittragen. Dann wird die Sitzung unterbrochen.
„Bund und Länder appellieren weiterhin eindringlich an alle Bürgerinnen und Bürger, auf nicht zwingend notwendige Reisen im Inland und auch ins Ausland zu verzichten“, heißtes in der Beschlussvorlage aus dem Kanzleramt. „Das Auftreten von verschiedenen Covid-19-Varianten und deren weltweite Verbreitung haben gezeigt, dass der grenzüberschreitende Reiseverkehr auch weiterhin auf das absolut erforderliche Mindestmaß begrenzt werden muss.“ Die SPD-Seite dringt mit ihrem Argument, der „kontaktlose Urlaub“ im Ausland sei wegen der vielen deutschen Touristen auf Mallorca gerechtfertigt, nicht durch. Das CSU-geführte Bundesinnenministeriums und auch Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) hatten erläutert, es gebe derzeit keine rechtliche Möglichkeit, die Reisen nach Mallorca zu stoppen.
Zuvor gab es Kritik am Auswärtigen Amt, das Mallorca als Niedrigrisikogebiet eingestuft hatte. Damit entfielen auch die Testpflicht und die Quarantäne für Rückkehrer. Vor dem Hintergrund, dass bereits Pauschalreisen dorthin gebucht werden, soll die Kanzlerin laut Bild-Zeitung erklärt haben, sie „persönliche gehöre nicht zu den Mallorca-Fahrern“.
Im Entwurf des Kanzleramtes hatte gestanden, dass sich Rückkehrende aus dem Ausland testen lassen müssen und sich in eine zehntägige Quarantäne begeben sollten, die frühestens nach fünf Tage und bei einem negativen Test beendet werden darf. Bei Rückkehrern aus Gebieten, in denen Virusvarianten nachgewiesen sind, soll die Frist auf 14 Tage verlängert werden. Noch während der Ministerpräsidentenkonferenz signalisierten die Fluggesellschaften, die Rückkehrer nun selbst auf Corona testen zu wollen.
Ans Ende der Beratungen wurden die beiden heikelsten Themen gesetzt. In dem Papier des Kanzleramtes steht nämlich, Landkreise mit einer Inzidenz über 100 sollten eine nächtliche Ausgangssperre verhängen. Der Vorschlag wurde sowohl von Sachsens als auch Sachsen-Anhalts CDU-Ministerpräsidenten rundweg abgelehnt. Ebenfalls strittig war die vollständige Schließung von Schulen und Kitas ab einer 200er-Inzidenz.
job4u ist die regionale Plattform, wenn es um Lehren und Lernen geht. Neben dem WESER-KURIER, der Handelskammer und der Handwerkskammer Bremen machen sich hiesige Firmen für junge Leute stark.