
Mit einem Nationalen Sicherheitsrat und schnelleren Parlamentsbeschlüssen will Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer Deutschland auf größere militärische Aufgaben vorbereiten. In einer Grundsatzrede vor dem Führungsnachwuchs der Bundeswehr in München präsentierte die CDU-Chefin am Donnerstag ihr neues Selbstverständnis für die Bundeswehr als direkte Konsequenz auf Bedrohungen durch den internationalen Terrorismus und autoritäre Mächte. Dass ihr Plan nicht geräuschlos aufgenommen werde, hat sie fest eingeplant.
Sie höre aus allen Richtungen, dass Deutschland eine Rolle als „Gestaltungsmacht“ annehmen müsse, sagte Kramp-Karrenbauer im bis auf den letzten Platz gefüllten Hörsaal in der Universität der Bundeswehr. Dafür müsse innenpolitisch gestritten werden.
Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnete den Vorschlag als richtige Idee. Am Rande eines Besuchs von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte sie, man habe dies innerhalb der Unionsparteien schon seit Jahren erwogen: Doch bisher sei es nicht möglich gewesen, dies in Koalitionsverträgen zu verankern. Merkel sprach auch von einer „wichtigen Standortbestimmung“.
Für Kramp-Karrenbauer steht schon jetzt fest: Mit einem Nationalen Sicherheitsrat könne schneller und effektiver auf Krisen reagiert werden. Die Institution solle Instrumente von Diplomatie, Militär, Wirtschaft, Handel, Innerer Sicherheit und Entwicklungszusammenarbeit koordinieren. Allerdings müsse Deutschland zu Fragen, die strategische Interessen betreffen, auch eine eigene Haltung entwickeln. Wenn nötig, müsse das Spektrum militärischer Mittel zusammen mit den Verbündeten auch ausgeschöpft werden.
Wie schon bei ihrem Vorstoß für eine Sicherheitszone in Syrien geht Kramp-Karrenbauer damit in die Offensive und versucht auch mit Blick auf ihre Ambitionen auf das Kanzleramt an Profil zu gewinnen. Sie wisse, dass ihre Vorschläge zu einer gesellschaftlichen Kontroverse führen werden, betonte sie. Der Streit sei aber nötig. Deutschland brauche eine „öffentliche, öffentlichere und offenere Debatte“. „Wir müssen mehr miteinander reden über deutsche Sicherheits- und Verteidigungspolitik, damit wir am Ende mehr tun und tun können.“
Auch aus der Unionsfraktion erhielt die Ministerin Unterstützung. „Deutschland muss viel aktiver für eigene Sicherheit eintreten, im Zweifel auch mit robusten Mitteln. Künftig wird es nicht mehr ausreichen, dass wir nur mit Sanität und Logistik unterstützen und den Rest unsere Partner machen lassen“, sagte Henning Otte (CDU). Auch FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff erklärte, die Einrichtung eines Nationalen Sicherheitsrates sei überfällig.
Kritik erntete die Ministerin dagegen von Linken, Grünen und SPD: Die Vorschläge seien mehr von öffentlicher Inszenierung geprägt als von einer durchdachten Sicherheitspolitik, sagte Tobias Lindner (Grüne). Deutschland müsse die Vereinten Nationen stärken, nicht auf nationale Alleingänge setzen. Auch SPD-Verteidigungsexperte Fritz Felgentreu kritisiert die Forderungen: „Es geht dabei sicherlich auch um das Interesse, den Einfluss des Verteidigungsministeriums auf die Außenpolitik zu vergrößern“, sagte er der „Neuen Zürcher Zeitung“.
Linken-Chef Bernd Riexinger betonte: „Kramp-Karrenbauers Vorschlag zielt darauf ab, die Bevölkerung in Deutschland für Wirtschaftskriege zu sensibilisieren und ihr eigenes Profil zu schärfen. Dieser erneute deutsche Imperialismus ist ein gefährlicher geopolitischer Irrweg.“
„Ein Land unserer Größe und unserer wirtschaftlichen und technologischen Kraft, ein Land unserer geostrategischen Lage und mit unseren globalen Interessen, das kann nicht einfach nur am Rande stehen und zuschauen“, sagte dagegen Kramp-Karrenbauer. Sie betonte dabei die militärische Zusammenarbeit mit den europäischen Partnern und die Bedeutung eines starken deutsch-französischen Tandems - aber stets als Ergänzung zur Nato. Zudem verwies sie darauf, dass sich auch die Partner im Indo-Pazifischen Raum - Australien, Japan, Südkorea und Indien von Chinas Machtanspruch bedrängt fühlten.
Kramp-Karrenbauer äußerte Verständnis für Zweifel der Verbündeten am Handlungswillen in Deutschland: „Unsere Absichtserklärungen und strategischen Konzepte stimmen nicht immer und nicht vollständig mit unserem tatsächlichen Handeln überein. Wir Deutschen sind oft besser darin, hohe Ansprüche, auch moralisch hohe Ansprüche zu formulieren, an uns und an andere, als selbst konkrete Maßnahmen vorzuschlagen und umzusetzen.“ In den USA schwänden Wille und Kraft, überproportionale Beiträge zu leisten. Deutschland müsse seine Möglichkeiten allerdings realistisch einschätzen. Auch nach dem Brexit müssten die Briten weiter in Europas Sicherheitsarchitektur eingebunden bleiben.
Kramp-Karrenbauer erklärte zudem, dass die Bundeswehr eine Parlamentsarmee sei, gebe den Einsätzen eine besondere demokratische Legitimation. Allerdings müsse die Meinungsbildung für Einsätze beschleunigt werden. Sie ließ den genauen Weg dazu aber offen. In der Vergangenheit waren auch sogenannte Vorratsbeschlüsse des Bundestages in der Debatte. Die Rechte des Bundestages müssten in jedem Fall gewahrt bleiben, sagte sie nur. Zugleich bekräftigte sie auch die Forderung nach einer deutlichen Erhöhung der Verteidigungsausgaben, die bis spätestens 2031 auf zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes steigen müssten.
Nach einem Bericht des „Spiegel“ sorgen die Verteidigungsausgaben für Ärger im Bund. Demnach bestand Finanzminister Olaf Scholz (SPD) darauf, dass in der sogenannten Halbzeitbilanz der großen Koalition kein eindeutiges Bekenntnis zur Steigerung der Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts verankert wird. (dpa)
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