
Paris. „Senkt eure Schlagstöcke und wir senken unsere Telefone“ stand auf einem Plakat. „Eure Sicherheit tötet unsere Freiheit“ auf einem anderen. Die Protestmärsche gegen ein neues Gesetz zur „globalen Sicherheit“ der französischen Regierung, das die Nationalversammlung am Dienstag in erster Lesung angenommen hat, begannen friedlich an diesem Sonnabendnachmittag in Paris und vielen anderen französischen Städten. In der Kritik steht das Gesetz speziell wegen Artikel 24, nach dem die Verbreitung von Filmen von Polizisten im Einsatz mit dem Ziel, deren „psychischer oder körperlicher Unversehrtheit zu schaden“, mit einer Geldstrafe von bis zu 45 000 Euro oder einem Jahr Gefängnis bestraft werden kann. Auch Journalisten sollen davon nicht ausgenommen sein.
Dagegen gingen Vertreter der Presse, von Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen, linke und grüne Oppositionspolitiker sowie zigtausende Bürger auf die Straße. Das Innenministerium bezifferte die Zahl der Demonstranten landesweit auf 133 000, während die Organisatoren sogar eine halbe Million Teilnehmer zählten. Erst ab Sonnabend waren die Ausgangsbeschränkungen zur Bekämpfung des Coronavirus gelockert worden: Fortan dürfen sich die Franzosen in einem Radius von 20 statt bisher einem Kilometer von ihrer Wohnung bewegen.
Demonstrierte die große Mehrheit gewaltlos, so eskalierte die Lage am späteren Nachmittag vor allem in Paris. Autos, der Eingang einer Bank, eine Brasserie und ein Zeitungskiosk gingen in Flammen auf, die Polizei setzte Tränengas ein. Demonstranten bewarfen diese mit Steinen und bauten Barrikaden auf. 81 Personen wurden festgenommen und laut Innenminister Gérald Darmanin insgesamt 37 Polizisten verletzt, davon 23 in Paris. Verletzte gab es auch unter den Protestteilnehmern.
Er verurteile „die inakzeptable Gewalt gegen die Ordnungskräfte“, schrieb Darmanin auf Twitter. Doch für viele ist er der Verursacher der Auseinandersetzungen. Denn er setzte Artikel 24 über das Filmverbot von Polizisten im neuen Sicherheitsgesetz durch, das daneben auch die Zusammenarbeit der staatlichen Einsatzkräfte mit privaten Sicherheitsdiensten oder den Einsatz von Drohnen bei Demonstrationen regelt.
Die neue Maßnahme hat noch mehr Gegner, seit der Schwarze Michel Zecler eine Woche zuvor in seinem Pariser Musikstudio brutal von Polizisten zusammengeschlagen wurde, was Kameraaufnahmen belegten. Diese entlarvten die prügelnden Beamten als Lügner, die offiziell angegeben hatten, Zecler habe sie angegriffen. Tatsächlich hatte sein einziges Vergehen darin bestanden, auf der Straße keinen Mund- und Nasenschutz getragen zu haben.
Präsident Emmanuel Macron schrieb auf Twitter, die Bilder seien eine Schande: „Frankreich darf sich nie zur Gewalt oder Brutalität hinreißen lassen, woher sie auch kommt.“ Auch Sicherheitskräfte werden regelmäßig Opfer von groben Angriffen.
Doch der jüngste Vorfall in Zeclers Musikstudio ist keinesfalls der erste dieser Art. Immer wieder bezeugten Videoaufnahmen Gewaltexzesse durch Sicherheitskräfte. „Wenn wir nicht mehr filmen oder fotografieren dürfen, wer wird uns vor Polizeigewalt schützen?“, fragte die junge Demonstrantin Camille.
In bekannt gewordenen Fällen von Polizeigewalt laufen mittlerweile Untersuchungen. Vier Polizisten befinden sich in Polizeigewahrsam. Wie die französische Nachrichtenagentur AFP berichtete, sollten sie am Sonntag vor einen Vertreter der Pariser Staatsanwaltschaft geführt werden. Diese war für eine Bestätigung zunächst nicht zu erreichen. Dreien der Polizisten werden unter anderem rassistische Gewalt durch Amtspersonen, Hausfriedensbruch und Dokumentenfälschung vorgeworfen. Dem vierten Beamten werden etwa Gewalt durch Amtspersonen und Sachbeschädigung zur Last gelegt. Innenminister Darmanin hatte die Entlassung der Polizisten gefordert, sollten sich die Vorwürfe bestätigen. Er selbst muss sich nun unter wachsendem politischen Druck an diesem Montag in der Nationalversammlung zu den Vorfällen erklären.
Das umstrittene Gesetz soll nun von der Nationalversammlung überarbeitet werden, bevor es Anfang nächsten Jahres zur Abstimmung in die zweite Parlamentskammer, den Senat, und dann erneut in die Nationalversammlung kommt. Anschließend prüft der Verfassungsrat, ob es überhaupt verfassungskonform ist.
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jetzt wird frau schäfer, so kurz vor antritt als vorsitzende des verkehrsausschußes der minister, nochmal drauf gestossen. ...