
Die Nato und die EU rücken näher zusammen. Darauf haben sich die 27 Staats- und Regierungschefs der EU am Freitag zum Abschluss ihres virtuellen Gipfeltreffens geeinigt. „Ich bin überzeugt, dass starke Partnerschaften starke Partner erfordern“, sagte EU-Ratspräsident Charles Michel. Obwohl die Gemeinschaft gerade von vielen Sorgen geplagt wird, hatte Michel das Thema als dringlich auf die Agenda gehoben. Der Grund erscheint naheliegend: Die Europäer suchen nach ihrer Rolle für eine künftige Sicherheitsarchitektur und wollen sie gefunden haben, bevor der neue US-Präsident Joe Biden seine Position bekannt gibt.
Doch das ist nicht einfach. Noch vor drei Jahren hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron dem Bündnis bescheinigt, es leide unter dem „Hirntod“. Bei der diesjährigen Sicherheitskonferenz betonte er seine Unterstützung der Allianz, während er im Kreis der Union immer noch für sein Konzept einer „strategischen Autonomie“ wirbt, damit die Gemeinschaft in Sicherheitsfragen künftig vollkommen unabhängig handeln kann. Das wiederum widerstrebt vor allem der deutschen Bundeskanzlerin. Angela Merkel (CDU) fürchtet, dass sich die Vereinigten Staaten provoziert fühlen könnten – und ob die Europäer tatsächlich je eine umfassende Autonomie erreichen, sei ohnehin fraglich.
Am Ende schafften es die Staatenlenker, einen Kompromiss zu finden, der bislang aber vor allem aus großen Schlagworten besteht. Sie bekannten sich zu einer „strategischen Vorgehensweise“, um die „Fähigkeit der EU, autonom zu handeln, zu steigern“. Angesichts der globalen Instabilität „muss die EU mehr Verantwortung für ihre Sicherheit übernehmen“. Und: „Wir sind entschlossen, eng mit der Nato zusammenzuarbeiten.“ Was das alles nun konkret bedeuten soll, will die Gemeinschaft bis zum März 2022 festlegen, wenn ein Grundsatzpapier mit dem Titel „strategischer Kompass“ verabschiedet wird.
Die Kooperation mit der Nato wird seit 2018 zunehmend enger. Doch eine echte Autonomie erscheint unwahrscheinlich, das macht schon der Blick in die Etats deutlich. Laut Nato gaben allein die USA im vergangenen Jahr 647 Milliarden Euro für ihre gesamte Sicherheitspolitik aus, Deutschland und die anderen EU-Staaten kommen auf nicht mal 250 Milliarden Euro. Und so suchen Nato und EU mehr denn je eine Partnerschaft, die – ohne die USA zu brüskieren – auf höhere Eigenverantwortung setzt, wohl wissend, dass diese nur teilweise erreichbar ist. „Nicht Europa allein, nicht Nordamerika allein, sondern nur Europa und Nordamerika zusammen“ – so beschrieb Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Freitag als Gast des Gipfels den Weg.
Dass das nicht immer reibungslos gelingt, zeigt der Alltag. Als Brüssel bei der EU-Operation „Irini“ zur Überwachung des Waffenembargos gegen Libyen Schiffe und Flugzeuge der Allianz einsetzen wollte, legte sich das Nato-Mitglied Türkei quer, um eine vertragliche Beziehung zur EU und dessen Mitglied Zypern zu umgehen. Spätestens da sind Nato und EU dann bisher eben doch unterschiedliche Welten.
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