
Mindestens zehntausend Demonstranten haben am Sonntag in Hamburg gefordert, die Stadt zu einem "sicheren Hafen" für Geflüchtete und aus Seenot Gerettete zu machen. Nötig seien sichere und legale Fluchtwege nach Europa sowie eine politische Lösung, damit alle europäischen Staaten ihrer Verantwortung bei der Aufnahme von Geflüchteten nachkämen, sagte die evangelische Bischöfin Kirsten Fehrs zum Auftakt an den Landungsbrücken. Mit Blick auf die Geschehnisse in Chemnitz bemerkte sie: "Wenn wir das zulassen und hinnehmen, sind wir schon auf dem Weg in die Barbarei."
Nach Polizeiangaben versammelten sich zu Beginn 5000 Menschen, viele mit orangefarbenen Rettungswesten und ebenso gefärbten Kleidungsstücken. Sie zogen anschließend zum Stadion des FC St. Pauli, wo die Menge nach Polizeiangaben auf 10.000 Menschen anwuchs. Die Veranstalter sprachen von insgesamt 16.400 Teilnehmern. Sie forderten unter anderem, dass Hamburg die Aufnahme von Geretteten aus dem Mittelmeer offensiv anbieten solle. Barcelona, Palermo und Berlin hätten bereits solche Zusagen gegeben.
"Wenn die Regierungen in Europa versagen, dann liegt es an den Städten zu handeln!", hieß es in dem Aufruf. Die Behörden der Hansestadt sollten alle Möglichkeiten nutzen, Visa und Gruppenbleiberechte für die Geretteten auszustellen. Aufgerufen hatten unter anderem die Parteien Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen, Gewerkschaften, Diakonie und Caritas sowie Flüchtlingsinitiativen und linke Gruppen.
"Wer über Fluchtursachen reden möchte, darf vom Kapitalismus nicht schweigen", sagte ein Crew-Mitglied des Rettungsschiffes "Iuventa" bei der Zwischenkundgebung am Stadion. Unter großem Applaus kommentierte ein Redner des Fansprecherrates des FC St. Pauli die Chemnitzer Ausschreitungen: "In diesen dunklen Zeiten ist es einfach unsere verdammte Pflicht, auf die Straße zu gehen und uns in den Weg zu stellen." Nationalismus und Abschottung seien keine Alternative.
Am Zielort, dem Rathausmarkt, formulierten Redner klare Forderungen an die Politik der Hansestadt. "Machen Sie diese Stadt zu einer offenen, einer sicheren Stadt für Flüchtlinge", appellierte der Kapitän des Rettungsschiffes "Lifeline", Claus-Peter Reisch. Die linke Abgeordnete Christiane Schneider kündigte an, dass ihre Fraktion einen Antrag in der Bürgerschaft stellen werde, Hamburg zum sicheren Hafen zu machen.
Die Grünen-Landesvorsitzende und Abgeordnete Anna Gallina kritisierte den Koalitionspartner SPD. Ebenso wie Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) habe die SPD eine Aufnahme der Geretteten in Deutschland bisher blockiert. Auch die Holocaustüberlebende Peggy Parnass forderte die Aufnahme der Geflüchteten. Nach dem Ende der Redebeiträge legte sich ein Großteil der Demonstranten auf den Boden des Rathausmarktes, um so die Zahl der in den vergangenen Jahren im Mittelmeer gestorbenen symbolisch zu verdeutlichen.
Auch in Berlin demonstrierten Tausende für die Seenotrettung von Flüchtlingen im Mittelmeer. In Berlin-Mitte zog der Demonstrationszug unter dem Motto "Berlin zum sicheren Hafen für Flüchtlinge" vom Molkenmarkt am Roten Rathaus zum Brandenburger Tor. Die Veranstalter sprachen von 2500 Teilnehmern. Die Polizei wollte die Zahl nicht kommentieren. "Die Demo verlief vollkommen friedlich, es gab keinerlei Störungen", sagte ein Sprecher der Organisation Seebrücke. (dpa/lno)
++ Dieser Artikel wurde um 19.03 Uhr aktualisiert. ++
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