
Einen Tag vor Beginn der Weltklimakonferenz in Bonn sind mehrere Hundert Braunkohlegegner am Sonntag in den rheinischen Tagebau Hambach eingedrungen, um mit Blockade-Aktionen für den Kohleausstieg zu demonstrieren. Nach Veranstalterangaben beteiligten sich an der Aktion am Sonntag rund 4500 Umweltschützer, die Polizei sprach von 2500 Teilnehmern. Die Demonstranten wollten vor der Weltklimakonferenz Druck für einen schnellen deutschen Kohleausstieg machen, das Aktionsbündnis „Ende Gelände“ hatte Blockade-Aktionen mit mehr als 1000 Aktivisten im Tagebau angekündigt. Die Verstromung von Braunkohle gilt als mit Abstand klimaschädlichste Form der Stromgewinnung und als wesentlich mitverantwortlich für ein mögliches Verfehlen der deutschen Klimaziele.
Unterdessen appellierte Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) an die Parteien einer möglichen schwarz-gelb-grünen Koalition, sich ohne Wenn und Aber zu den Klimazielen der Bundesrepublik zu bekennen und eine ambitionierte Politik zum Schutz der Erd-Atmosphäre zu vereinbaren. „Ich hoffe, dass diejenigen, die sich da auf Abwegen befinden, auf den richtigen Weg zurückfinden“, sagte Hendricks am Wochenende. Sie erinnerte daran, dass Deutschland bindende Zusagen zur Reduktion klimaschädlicher Treibhausgase gemacht hat. „Man kann jetzt unter völkerrechtlichen Gesichtspunkten nicht sagen: Was interessierte mich mein Geschwätz von gestern.“
25 000 Teilnehmer
In der Bundesstadt Bonn beginnt an diesem Montag unter dem Dach der Vereinten Nationen die 23. Weltklimakonferenz (COP 23). Erwartet werden in den kommenden zwei Wochen bis zu 25 000 Teilnehmer – neben den Delegationen aus fast 200 Staaten auch zahlreiche Vertreter von Nicht-Regierungsorganisationen sowie aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Ziel ist es, das Pariser Klimaabkommen von 2015 zu präzisieren und Regeln für dessen Umsetzung zu entwickeln. Politische Beschlüsse dazu sollen aber erst im kommenden Jahr im polnischen Katowice gefasst werden.
Im Pariser Klimaabkommen hatte sich die Staatengemeinschaft Ende 2015 dazu verpflichtet, den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase massiv zu reduzieren. Ziel ist es, die Erwärmung der Erdatmosphäre auf 1,5 bis zwei Grad Celsius zu begrenzen. Deutschland will bis 2020 seinen Treibhausgas-Ausstoß um 40 Prozent unter das Niveau von 1990 drücken. Nach Lage der Dinge wird die Bundesrepublik dieses Ziel allerdings deutlich verfehlen und nur eine Reduktion von etwas mehr als 30 Prozent hinbekommen. Wichtige Gründe dafür sind der hohe Kohle-Anteil in der Stromproduktion sowie anhaltend hohe Emissionen im Straßenverkehr. Bis 2030 will Deutschland seinen Klimagas-Ausstoß um mindestens 55 Prozent reduzieren. Ziel bis 2050 ist die „weitgehende Treibhausgasneutralität“ der Volkswirtschaft.
Sollte der Streit über die Klimapolitik zwischen den potenziellen Koalitionären in Berlin innerhalb der kommenden zwei Wochen weiter eskalieren, wäre dies ein schlechtes Signal für die Bonner Klimakonferenz. Bislang ist Deutschlands Gewicht in der internationalen Klimadiplomatie noch beträchtlich. Bei der Konferenz in Bonn fungiert Deutschland als „technischer Gastgeber“. Den Vorsitz führen die Fidschi-Inseln, die bereits stark vom Klimawandel betroffen sind und wegen des steigenden Meeresspiegels ganz Dörfer umsiedeln müssen.
Provisorisches Tagungsgelände
Der Staat im Pazifik sah nicht in der Lage, eine Konferenz dieser Größenordnung selbst auszurichten. Da sich auch kein anderes Land in Asien dazu bereit erklärte, findet die Veranstaltung gemäß der Statuten des UN-Klimasekretariats am Sitz dieser Organisation statt – das ist Bonn. Im alten Regierungsviertel am Rhein ist ein riesiges, teilweise provisorisches Tagungsgelände entstanden. Während der Konferenz wird es auch zahlreiche Protestveranstaltungen geben: Am Sonnabend forderten in Bonn bereits rund 10 000 Demonstranten einen raschen Kohle-Ausstieg.
Von besonderem Interesse ist in Bonn, wie sich die Vereinigten Staaten verhalten werden. US-Präsident Donald Trump hatte vor einigen Monaten den Ausstieg seines Landes aus dem Klimaabkommen angekündigt und dies damit begründet, dass der Vertrag Arbeitsplätze in Amerika gefährde. Der Austritt kann formal aber frühestens im November 2019 erklärt werden und würde ein Jahr später wirksam. Dann finden in den USA wieder Präsidentschaftswahlen statt. In Bonn könnten die Amerikaner den Verhandlungsprozess torpedieren oder auf eine Verlangsamung hinwirken. Ungeachtet der Position Trumps gibt es in den USA eine breite Bewegung aus Bundesstaaten, Städten, Klima-Aktivisten und Unternehmen, die sich für einen Verbleib des Landes im Pariser Abkommen einsetzen. Sie wollen sich auch in Bonn Gehör verschaffen.
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