
Nachdem der Europäische Gerichtshofeshat den Weg für ein Veto-Recht nationaler Parlamente gegen Freihandelsabkommen der EU freigemacht hat, zeigen sich die Bundesregierung und Teile der Opposition erfreut.
Die Richter in Luxemburg hatten am Dienstag entschieden, dass weitreichende Projekte wie Ceta oder TTIP nicht in die alleinige Zuständigkeit der EU-Institutionen fallen. Das bedeutet: Die Regierungen der Mitgliedstaaten können künftig entscheiden, dass die Abkommen auch ihren Parlamenten zur Zustimmung vorgelegt werden müssen.
Bundesregierung begrüßt das Urteil
"Der EuGH hat die Position Deutschlands und der anderen EU-Mitgliedstaaten mit der Entscheidung bestätigt", erklärte Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD). Das Mitspracherecht nationaler Parlamente - einschließlich des Bundestags - bei Freihandelsabkommen sei nun sichergestellt.
Als Grund für seine Entscheidung führte der EuGH geplante Regeln zur Konfliktbeilegung zwischen Staaten und Investoren auf. Bestimmungen, die Streitigkeiten der gerichtlichen Zuständigkeit der Mitgliedstaaten entziehen, könnten nicht ohne deren Einverständnis eingeführt werden, urteilte der Gerichtshof. Zudem lägen auch Regeln zu Auslandsinvestitionen nicht in ausschließlicher Zuständigkeit der EU-Institutionen.
Freihandelsgegner freuen sich über neue Regelung
Konkret untersuchten die Richter für ihr Gutachten ein zwischen 2010 und 2014 ausgehandeltes Freihandelsabkommen zwischen der EU und Singapur. Die Entscheidungen sind allerdings auf alle anderen übertragbar.
Auch Freihandelsgegner begrüßten die Klarstellungen. Sie hoffen, dass eine Beteiligung von vielen Parlamenten den Abschluss neuer Abkommen verhindert oder zumindest erschweren könnte.
Grüne fordern Zugang zu Dokumenten
Die Grünen-Bundestagsfraktion ist ebenfalls erfreut über die Klärung der Kompetenzverteilung. Sie nennt das Gutachten eine "Richtungsentscheidung". Fraktionschef Anton Hofreiter und die Sprecherin für Wettbewerbspolitik, Katharina Dröge verweisen aber auch darauf, dass die Transparenz verbessert werden muss.
Parlamentarier müssten den Inhalt der Abkommen vor Abschluss der Verhandlungen diskutieren können. Auch Bürger hätten ein Recht auf mehr Transparenz. Dazu sei ein einfacher Zugang zu den Verhandlungsdokumenten notwendig.
Rückschlag für die EU-Kommission
Die Entscheidung des EuGH gilt als schwerer Rückschlag für die EU-Kommission von Jean-Claude Juncker. Die Brüsseler Behörde hatte die Position vertreten, dass nach EU-Recht lediglich eine Mitwirkung des Europaparlaments und der Regierungen der Mitgliedstaaten am Abschluss der Freihandelsabkommen vorgesehen ist.
Der Grund: Die EU-Kommission befürchtet, dass die europäische Handelspolitik lahmgelegt werden könnte, wenn auch Parlamente in Mitgliedstaaten neuen Projekten zustimmen müssen. Es würde bereits das Nein eines nationalen Parlaments genügen, um eine Blockade auszulösen. Als Paradebeispiel gilt das Drama um das europäisch-kanadische Freihandelsabkommens Ceta im vergangenen Herbst. Es wäre fast gescheitert, weil die Zustimmung aus der belgischen Region Wallonie fehlte.
Reaktionen der Wirtschaft
Wirtschaftsvertreter forderten die Politik am Dienstag auf, nun endlich das "Kompetenzgerangel" in der europäischen Handelspolitik zu beenden. "Jahrelange Hängepartien in der Ratifizierung sind schädlich. Sie verunsichern Unternehmen und Verbraucher", kommentierte der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Ähnlich äußerte sich der Außenhandelsverband BGA.
Über die Konsequenzen der EuGH-Entscheidungen werden nun die Mitgliedstaaten gemeinsam mit der EU-Kommission beraten müssen. Ein Sprecherin der Brüsseler Behörde kündigte an, die Kommission werde das Gutachten sorgfältig analysieren und bewerten. (dpa/cah)
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