
Nicht ganz einig war sich die Bundespolitik am Dienstag in der Bewertung ihrer Erfolge beim Wohnungsbau. Horst Seehofer (CSU) als zuständiger Innen- und Bauminister betonte die „stolze Bilanz“ der vergangenen zweieinhalb Jahre. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) betrachtete das Erreichte dagegen nur als „Zwischenbilanz“. „Wir haben noch etwas vor uns“, sagte Müller als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz.
Im September 2018 hatten Bund, Länder und Gemeinden ihre gemeinsame Wohnraumoffensive gestartet. Als Ziel formulierten sie damals, dass 1,5 Millionen zusätzliche Wohnungen bis Ende 2021 errichtet werden sollten. Diese Summe wird nicht erreicht. Die Zahl der Wohnungen steigt in dieser Legislaturperiode um etwa 1,2 bis 1,3 Millionen. 2021 kommen mehr als 300.000 fertiggestellte Einheiten dazu – laut der öffentlichen KfW-Bankengruppe die höchste Zahl seit 20 Jahren. Wobei der Bedarf tatsächlich bei 350.000 bis 400.000 jährlichen Neubauten liegt – vor allem in den attraktiven Städten, in denen Mangel herrscht. So bleibt es vorläufig bei einer gewissen Knappheit und damit auch beim Druck in Richtung steigender Mieten und Verkaufspreise.
Seehofer stellte die Erfolge heraus und schilderte die zahlreichen, bereits umgesetzten Maßnahmen zur Verbesserung der Wohnsituation – unter anderem die Einführung des Baukindergeldes und die fünf Milliarden Euro des Bundes zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus in dieser Legislaturperiode. Hier hakte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) ein. Vor dem Hintergrund, dass momentan jährlich zwar etwa 25.000 Wohnungen mit abgesenkten Mieten errichtet werden, ihre Gesamtzahl aber weiter zurückgeht, erklärte Scholz: „Wir brauchen 100.000 zusätzliche Sozialwohnungen pro Jahr.“ Seehofer ging das zu weit. Die Notwendigkeit eines „kräftigen, mehrjährigen Programms für den Bau von Sozialwohnungen“ räumte er aber ein.
Ungeachtet dieser Differenzen hofft die Bundespolitik nun auf mehr Wohnungsbau durch das sogenannte Baulandmobilisierungsgesetz. Seehofers Entwurf hat das Bundeskabinett passiert. Zentrale Bestandteile sind die beschleunigte Ausweisung von Gebieten mit Sozialwohnungen in den Kommunen, ein Vorkaufsrecht der Gemeinden für freie Grundstücke, um schneller Baugebiete planen zu können und höhere Hürden für die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. Letzteres verlangte die SPD.
Der Deutsche Städtetag begrüßte den Entwurf: „Die Änderungen im Baurecht verbessern die für die Städte wichtigen Instrumente, um den Bau bezahlbarer Wohnungen voranzubringen“, erklärte Geschäftsführer Helmut Dedy. Die CDU-Fraktion im Bundestag ist über manche Punkte aber nicht begeistert. Etwa das Vorkaufsrecht der Kommunen und die Umwandlungsbremse hält man dort für zu starke Eingriffe in das Eigentumsrecht der Immobilienbesitzer.
Den Grünen gehen die Anstrengungen der Regierung nicht weit genug. „Was wir wirklich dringend brauchen, ist ein Mietenstopp“, sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Damit unterstützte sie eine Initiative unter anderem des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, des Mieterbundes und des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Angesichts der zuletzt stark gestiegenen Mietpreise fordern sie alle ein bundesweites Einfrieren für sechs Jahre.
Ein solcher Mietendeckel sei der falsche Weg, sagte Ingmar Vergau, Geschäftsführer von Haus und Grund Bremen: „Wenn Vermieter nicht mehr die notwendigen Kosten durch die Miete erwirtschaften können, verkaufen sie.“ Die Tendenz gehe dahin, dass diese Wohnungen an große gewinnorientierte Aktiengesellschaften gingen anstatt an private Vermieter in Wohnnähe. „90 Prozent unserer Mitglieder wohnen in Bremen und umzu“, ergänzte Vergau, 30 Prozent im gleichen Haus wie ihre Mieter. Was Bund und das Land Bremen, beispielsweise durch das Wohnraumschutzgesetz, den Privatbesitzern aufbürde, trage nicht zur Schaffung von Wohnraum bei.
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