Die Bundesbehörde gibt ihre Unwetterwarnungen ab sofort nicht mehr für Landkreise heraus, sondern detailliert für kleine Gebiete, kündigte Präsident Gerhard Adrian am Donnerstag in Berlin an. Für eine Großstadt wie Berlin bedeute das Alarm für einzelne Bezirke – statt wie bisher für die gesamte Hauptstadt.
Grund für die Umstellung des Systems ist neben besserer Technik so mancher Ärger. „Es kam immer wieder vor, dass wir richtig vor Gewittern in einem Landkreis gewarnt haben, aber nur ein Teil des Gebiets betroffen war. Viele Bewohner fühlten sich falsch alarmiert“, sagt Hans-Joachim Koppert, Leiter der DWD-Wettervorhersage. Seit fünf Jahren arbeite der Wetterdienst an einem räumlich genaueren System – einer Art meteorologischem Zoom. Auf der warnenden Wetterkarte sind dann nur die Gebiete dunkelrot eingefärbt, die es voraussichtlich auch trifft. Im Winter soll das auch für Schneefall in Berg und Tal gelten.
Wurden bisher Warnungen für 400 Landkreise herausgegeben, sind nun 10.000 Gemeindegebiete im Visier der DWD-Meteorologen. Ganz praktisch kann das heißen: Die Feuerwehr kennt ihre Einsatzorte genauer, Behörden können Straßen sperren oder Open-Air-Konzerte absagen und Bewohner ihre Häuser und Autos – wenn möglich – besser schützen. Auch für Stromnetzbetreiber und Wasserwerke können die detaillierten Warnungen Vorteile bringen. Doch die Theorie hat ihre Grenzen.
Ein Unwetter, wie es im Juni das niederbayerische Simbach traf, hätte sich aber auch mit dem neuen System nicht schneller vorhersagen lassen, sagt Koppert. „Das war eine unglaubliche Wetterlage mit chaotischen Prozessen in der Atmosphäre.“ Die traurige Bilanz: mehrere Tote und ein von Überflutungen verwüsteter Ort.
2016 ist Extremwetter-Jahr
Allein in den beiden Extremwetter-Wochen von Ende Mai bis Mitte Juni hat der Deutsche Wetterdienst 3000 Unwetterwarnungen herausgegeben. Als Schadensbilanz errechneten die Deutschen Versicherer nach DWD-Angaben eine Summe von 1,2 Milliarden Euro – das sei ein neuer Höchststand in einem so kurzen Zeitraum.
„Technisch möglich sind Vorhersagen für kleine Gebiete schon länger. Neu ist, dass es nun auch gemacht wird“, sagt Uwe Ulbrich, Meteorologe an der Freien Universität Berlin. Trotz besserer Wetterradars und Wahrscheinlichkeitsberechnungen leistungsstärkerer Computer lässt sich aber auch für den Wissenschaftler nicht an den Tücken der Natur rütteln. „Intensität und Auswirkungen eines Gewitters auf ein bestimmtes Gebiet lassen sich oft erst eine Stunde vorher eingrenzen“, erläutert er. Viel Zeit bleibt also nicht, um sich zu schützen. Ulbrich ist auch mit der Weitergabe der Warnungen über die Medien nicht ganz glücklich. „Viele Radiosender sind nicht verpflichtet und auch nicht in der Lage, akuten Alarm in ihr Programm zu nehmen“, sagt er. Auch der Deutsche Wetterdienst sieht zwischen Alarm und Bevölkerung noch Kommunikationslücken. Die Bürger hätten auch eine Verantwortung, sich nach einer Unwetterwarnung auf dem Laufenden zu halten, sagt DWD-Präsident Adrian. Den detaillierten Wetteralarm soll es ab August auch über die kostenlose App des DWD geben.
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