
Als eingeborene Norddeutsche wissen wir: Es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt nur das unpassende Auto. Nehmen wir doch mal einen 3er-BMW mit Allradantrieb sowieso als Touring, gerne auch als Power-Diesel. Diese Kombination kann nicht einmal der seltene, aber heftige lokale Wintereinbruch dieser Tage aus der Bahn werfen. Und erst recht nicht aus der Spur. Sagen wir's mal so: Was für ein Schlitten!
Gehören Sie auch zu den Menschen, die dieser Sache mit dem Licht im Kühlschrank misstrauen? Geht das auch echt aus, wenn die Tür geschlossen wurde? Das wird es wohl, schließlich werden uns Generationen von Kühlschrankentwicklern ja nicht angeflunkert haben. So wie uns die BMW-Ingenieure hoffentlich nicht veräppeln, wenn sie uns die 390 Euro Aufpreis für Option 0418, das Gepäckraumpaket, beim Kauf eines 3er Tourings der Generation G21 empfehlen.
Dann verfügt der Laderaumboden über vier Metallschienen, in die breite Gummibahnen eingearbeitet sind. Diese Streifen halten, ach was: umklammern das Ladegut, sobald die Fuhre ins Rollen kommt. Weil sie sich sodann automatisch um zwei Millimeter aus den Schienen erheben. Wirklich wahr. Unterstellen wir mal, weil – kühlschranklichtmäßig – natürlich nie selbst gesehen. Aber verrutscht ist uns mit diesem Auto tatsächlich nichts.
Das gilt nicht nur für die – leicht zugänglich und gut nutzbaren – 500 Liter Stauraum im Heck, sondern für den 3er in seiner Gesamtheit. Das wiederum war so selbstverständlich nicht, hatte sich der Bremer Winter dieses Jahr doch ausgedacht, genau während der zwei Wochen Testphase stattzufinden. Schnee und Eis sind dabei traditionell nichts, das sich richtig gut mit dem klassischen Antriebslayout der BMW-Mittelklasse verträgt: Im Normalfall fährt sie schließlich mit Hinterradantrieb vor. Was bei rutschigem Untergrund einen sanften Gasfuß oder aber breite Straßen und eine gewisse Begeisterung für Heckschwenks erfordert.
Aber: Was ist schon der Normalfall? Dieser tansanitblaue Touring jedenfalls nicht. Davon zeugen einerseits nicht weniger als 62.679 Euro Grundpreis, andererseits die Typschilder an der elektrisch betätigten Heckklappe. Gestatten, M340d xDrive. Mehr 3er geht nicht, jedenfalls nicht in der Abteilung Selbstzünder. Vorne unter der Haube hat BMW einen Dreiliter mit sechs Zylindern in Reihe – physikalisch ein Garant für besonders ausgeglichene Massenkräfte – montiert. Ein trotz des Dieselprinzips sanft laufender Kraftprotz, dessen Leistung sich, Zufall, mit der Namensbezeichnung deckt: 340 PS (oder moderner: 250 kW). Dazu lässt er in der Spitze wahnwitzige 700 Newtonmeter Drehmoment auf den Antriebsstrang los. Nur zur Einordnung: Das unterscheidet sich nur marginal vom wesentlich PS-stärkeren Supersportler Porsche 911 Turbo (710 Nm).
In München waren sie also gut beraten, diesen M340d (der Zusatz M steht bekanntlich für die hauseigene Performance-Abteilung) grundsätzlich mit dem Allradsystem xDrive auf die Kundschaft loszulassen. Und siehe: Schlitterpartien beim Leistungseinsatz sind in diesem 3er sozusagen Schnee von gestern. Ist das Wissen um vier angetriebene Räder – bestimmt geht’s damit noch flotter und sicherer durch die Kurve – die meiste Zeit des Jahres vor allem so eine Art Beruhigungspille, gibt es im Winter dann greifbaren Nutzwert. Greifbar ist dabei wörtlich zu verstehen, denn hektische Korrektureingriffe am Lenkrad entfallen selbst dann, wenn es beim Anfahren aus einer Seitenstraße mit Schwung ums Eck auf die Hauptspur gehen soll. Die Elektronik macht das schon, regelt hier ein wenig ab, sortiert dort ein wenig die Kraftverteilung neu – und der Touring zappelt allenfalls kurz mal, um dann auch auf schmieriger Matschepampe stoisch seine Bahn zu ziehen.
Der Aufschlag, den das Gewicht von großem Motor und aufwendiger Antriebstechnik – leer wiegt der M340d xDrive knapp unter zwei Tonnen – erfordern, fällt dabei überraschend moderat aus. Der Testverbrauch lag mit 8,8 Litern/100 Kilometer zwar deutlich über dem im Straßenbetrieb kaum zu realisierenden Prüfstandswert (5,8 Liter). Angesichts der denkbar schlechten Umstände mit häufigen Kaltstarts bei eisigen Temperaturen und verbrauchsintensiven Wühleinsätzen auf verschneiten Straßen dennoch ein anständiger Wert. Unter Normalbedingungen sollte sich eine Sieben vor dem Komma problemlos erreichen lassen.
Beim sorgsamen Umgang mit dem Kraftstoff (allein schon wegen der nur 59 Liter Tankvolumen eine Notwendigkeit) hilft dem 3er neuerdings der elektrische Boost durch ein Mildhybrid-System und Startergenerator. Der unterstützt den Verbrenner zeitweise mit 8 kW/11 PS nicht nur beim Sprint, sondern sorgt auch für sein sanftes Wiedererwachen, wenn die Elektronik in den sogenannten Segelbetrieb geschaltet hat. Der sorgt im Eco- und Comfortmodus dafür, dass sich der Diesel im Schubbetrieb vorübergehend komplett verabschieden kann. Der Bordrechner zählt die Kilometer ohne Kraftstoffeinsatz wohlwollend mit – in unserem Fall waren es am Ende gut sieben Prozent der Gesamtdistanz. Dass überschüssige Bewegungsenergie mittels Rekuperation auch wieder in die 48-Volt-Batterie geladen wird, zählt mittlerweile zum guten Ton. Der Preis dafür ist hier jedoch ein gewöhnungsbedürftiges Bremsgefühl, weil die Verzögerung giftig in ihrer Ansprache ist.
Das will einerseits nicht recht zu der Geschmeidigkeit passen, mit der die Achtgangautomatik auch in diesem BMW die passende Übersetzung anwählt. Andererseits steht es für den grundlegenden Charakter des 3ers, der sich zwar auch auf den Charme versteht, lieber aber den Bolzer gibt. Die Lenkung ist direkt, erfordert aber auch auf gerader Strecke einen festen Griff. Auch beim Federungskomfort schlägt das Pendel – egal in welchem Fahrmodus – immer eher in Richtung Dynamik denn Komfort aus; Unebenheiten werden auch mal etwas hölzern ausgeglichen. Doch damit lässt sich leben. Wer sich für den 3er mit seinem bekanntermaßen betont sportlichen Anspruch entscheidet, macht das selten aus Versehen.
Verlass ist auch auf den Innenraum. Der ist trotz der 4,71 Meter Außenlänge des Tourings eher passgenau denn üppig geschnitten und so routiniert eingerichtet wie sauber verarbeitet. Während andere Hersteller in Sachen Ergonomie gerade etwas vom Weg abzukommen scheinen, gibt sich BMW hier weiterhin keine Blöße. Das in seiner Grundstruktur schon seit vielen Jahren eingesetzte iDrive-Bediensystem mit dem großen Dreh-/Drücksteller auf der Mittelkonsole ist und bleibt eine Klasse für sich – und das Grafiklayout des neuen Digitalcockpits ein Ärgernis. Das Thema sollte BMW irgendwann echt mal in den Griff bekommen. Für den Grip sorgt der M340d Touring bis dahin schon selbst.
Technische Daten
Modell: BMW M340d xDrive Touring
Motor: R6-Diesel
Hubraum: 2993 ccm
Leistung: 250 kW / 340 PS
Drehmoment: 700 Nm
Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h
Beschleunigung (0–100 km/h): 4,8 s
Verbrauch (ø nach NEFZ): 5,8 l/100 km
CO2-Ausstoß (nach NEFZ): 153 g/km
Abgasnorm: Euro 6d
Kofferraumvolumen: 500 Liter
Basispreis: 62.679 Euro
Testwagenpreis: 82.877 Euro
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