
Ruprecht Polenz sagte am späten Sonnabend nur drei Sätze: „Es ist schrecklich.“ Mehr konnte und mehr wollte der einstige CDU-Bundestagsabgeordnete und Generalsekretär der Partei auch nicht sagen. Zu frisch waren die Ereignisse in Polenz‘ Heimatstadt mit den Toten und Verletzten, die er am Fernsehen verfolgte. Und zu wenig war da noch bekannt über die Hintergründe.
Tatsächlich ist Münster mehr heile Welt, als es sie anderswo in Deutschland gibt. Dies gilt nicht zuletzt für den „Kiepenkerl“, den Ort des Geschehens – zwei sehr gediegene westfälische Gaststätten („Der große Kiepenkerl“ und „Der kleine Kiepenkerl“), auf deren Vorplatz es sich die Gäste im Sommer wohl sein lassen.
Zwar wurde die über 300 000-köpfige Metropole des gleichnamigen Landstrichs im Zweiten Weltkrieg zu Teilen zerstört wie zahlreiche andere deutsche Städte. Doch vieles konnte wieder aufgebaut werden, allen voran der Prinzipalmarkt mit seinen zahllosen Bürgerhäusern, an dessen Ende sich der „Kiepenkerl“ befindet. Seit Jahrzehnten jedenfalls präsentiert sich Münster als Insel des Wohlstands und des guten Lebens, über die Besucher zuweilen staunen. Die Stadt wächst und gedeiht. Und in der Hauptstadt gibt es gar einen „Verein der Freunde des Münsterlandes in Berlin“. Vorsitzender ist der CDU-Bundestagsabgeordnete Jens Spahn. Das sagt über die Heimatverbundenheit der Münsterländer einiges aus.
Das katholisch-konservative Establishment wurde außerdem im Laufe der Jahrzehnte aufgefrischt durch die rebellischen linken Studenten der Westfälischen Wilhelms-Universität, die den Grünen früh zu beachtlichen Wahlergebnissen verhalfen. Das alles zusammen macht die Münster-Mischung. Einer der typischen durchaus selbstironischen Münster-Sprüche lautet übrigens: „Entweder es regnet. Oder es läuten die Glocken.“
Auffällig ist immerhin die entschlossene Abwehr der AfD. Als die rechte Partei im Februar 2017 einen Neujahrsempfang abhielt, da versammelten sich rund 8000 Demonstranten vor dem Gebäude. Und bei der Bundestagswahl gab es in ganz Deutschland bloß einen einzigen Ort, an dem die AfD an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte: Münster.
Das Idyll ist am Sonnabend einstweilen zerbrochen. Das blutige Ereignis, so hieß es in der Stadt, werde noch lange nachwirken.
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