
Seit Tagen verfolgen Menschen weltweit gebannt die Rettungsaktion in der Tham-Luang-Höhle in der thailändischen Provinz Chiang Rai. Live-Berichte von Nachrichtensendern erzielen ungewohnt hohe Einschaltquoten; plötzlich sind Höhlenforscher und Kinderpsychologen gesuchte Interviewpartner. Längst hat sich die Befreiung der internierten Jugendgruppe zu einem internationalen Medienereignis entwickelt – und zum staunenswerten Schulfall einer Anteilnahme, wie sie das globale Dorf selbst bei spektakulären Naturkatastrophen mit Tausenden von Todesopfern selten erlebt.
Dass in diesem Unglücksfall die Empathie der Mediennutzer offenbar ihren Hang zum Voyeurismus überformt, liegt an mehreren Faktoren: am Alter der Jungen, an der Spezifik ihrer Notlage, die an Urängste rührt – und an der Art ihrer Verbindung zueinander. Schließlich ist Fußball derzeit ohnedies in aller Munde und Augen. Nicht von ungefähr haben auch die WM-Viertelfinalisten Solidaritätsvideobotschaften an die Eingeschlossenen gesendet – und ihnen sogar Finalkarten in Aussicht gestellt, falls das Ende happy statt happig ausfällt.
Selbst Psychologen wie der Stress-Experte Louis Lewitan quittieren die große Loyalität an den Bildschirmen mit verhaltener Überraschung. Er wertet die hohe Aufmerksamkeit, die der Bergung zuteilwird, insofern als „besondere Form der Solidarität mit den Verunglückten“, als jeder von uns in eine strukturell ähnliche Krisensituation kommen könnte. Dass Mitgefühl über Schaulust obsiegt, ist prinzipiell eine gute Sache. Noch besser freilich wäre es, würde dasselbe Maß an Anteilnahme auch bei Autoverkehrsunfällen und kenternden Flüchtlingsbooten gelten.
Neugierde und Sensationslust mögen anthropologische Konstanten sein. In der medial befeuerten Erregungsgesellschaft jedoch, zumal in der zeigefreudigen Welt der sozialen Netzwerke, werden sie in den Exzess getrieben. Das zeigen beispielhaft horrende Vorfälle jüngeren Datums auch ganz in unserer Nähe: Gaffer, die Hilfskräften im Weg stehen und die abgeschmackten Früchte ihres Voyeurismus ins Netz stellen, sind in unserem Kulturkreis bald eher die Regel als die Ausnahme. Die Resonanz auf die Rettungsaktion in Thailand zeigt, dass es auch anders geht. Das stimmt verhalten zuversichtlich.
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