
Szenen einer Ehe - oder: Das ganz normale Chaos. Konrad (Charly Hübner) ist ein Weltmeister im Kinderbetreuen, Christine (Christiane Paul) wiederum ist eine Krankenhausärztin, die voll aufgeht in ihrem Beruf und als Anästhesistin auf der Karriereleiter klettert. Bislang hat sie immer für den Unterhalt der Familie gesorgt. Doch jetzt will auch Vorzeigevater Konrad, der Hausmann, noch mal ran: Der Theaterregisseur a.D. darf, man denke, „Die Nibelungen“ (von Hebbel, aber egal!) auf großer Bühne inszenieren - dabei hatte man ihn doch so lange lahmgelegt. Nun wäre Arbeitsteilung zu Hause gefragt. Wie sonst soll das weitergehen mit der perfekten Pflege der Töchter Emma (5) und Käthe (10)? ARTE zeigt „Eltern“ zur besten Sendezeit.
Robert Thalheim, der 2007 den vielfach preisgekrönten Auschwitz-Film „Am Ende kommen Touristen“ schuf, setzt die Zwingschrauben eines Familienalltags so unspektakulär wie schmerzvoll an. Vater Konrad, den Charly Hübner mit unzerstörbar erscheinender Kraft mitreißend spielt, hat zunächst alles im Griff. Seine emanzipatorischen, freizügigen Erziehungsmethoden trugen ganz offensichtlich zum unbeschwerten Heranreifen der teils vorlauten, aber immer liebenswerten Töchter bei. So lange eben, bis der berufliche Werdegang seinen Tribut fordert.

Nicht nur im sprichwörtlichen Sinne hat Konrad, der Theaterregisseur, der Hebbels „Nibelungen“ inszenieren soll, die kleine Tochter nah am Hals: Er schleppt sie auf die Probebühne mit, während ihm dort ein Motzki unter den Schauspielern die Hölle heiß zu machen versucht. Während sich Käthe (Paraschiva Dragus), die ältere Tochter, gleich in die Theaterarbeit einbringen will, heißt es erst mal, für Emma bei vollem Stau im Auto eine Nottoilette einzurichten.
Und dann ist da auch noch Isabel (Clara Lago), das neue Au-pair-Mädchen, das aussieht wie Penelope Cruz in jungen Jahren, das vor sich hinschmachtet, kein Wort Deutsch versteht und ganz traurig ist, weil es vielleicht bald ein Kind bekommt. Aber auch Mutter Christine, Ärztin von Beruf, hat ihren ganz eigenen Stress: Sie muss rund um die Uhr Menschenleben retten, wie es die Karriere befiehlt.

Zwischen der Beerdigung des Kinderhamsters und der beabsichtigten Abtreibung des Au-pair-Mädchens (mit allem Für und Wider) spielt sich das ganze Chaos der Familiengefühle ab. Einfache Lösungen gibt es im Drehbuch von Jaine Ainscough nicht. Das Problem sitzt tiefer, längst hat es sich in die Psyche der Partner eingegraben.
Ein bisschen Gleichgültigkeit hier, ein wenig Hochmut dort. Das Misstrauen wächst, das Ego will verteidigt werden - bis hin zur vorübergehenden Trennung. Kann es gelingen, kürzer zu treten auf der Karriereleiter, sollte man es überhaupt? Thalheim entlässt uns mit vielen Fragen. Er gibt „nur“ die mal komischen, mal traurigen Alltagsszenen einer Ehe auf so unterhaltsame wie genaue Weise zu Protokoll. Den Restreim müssen wir uns schon selber machen.
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