
Wann haben Sie zuletzt etwas für Ihre Seele getan? Bundesweit steht eine Woche an, die an diese Frage erinnert. Psychisches Wohlbefinden soll lanciert und über geistige Krankheit aufgeklärt werden. Toll und wichtig! Denn die Woche bildet eine der wenigen gesellschaftlich akzeptierten Formen der öffentlichen Debatte.
Sie löst zwar nicht das Problem der immer noch mangelnden Therapie-Angebote, setzt sich aber für einen weiteren, umso wichtigeren Aspekt ein: geschützte Räume der Begegnung und des gemeinsamen öffentlichen Dialogs zu bilden. Die KulturAmbulanz und andere Bremer Träger haben ein prächtiges Programm erstellt, dessen Schwerpunkt geistige Gesundheit in Verbindung mit dem Geschlecht bringt.
Wird die eigene Identität nicht akzeptiert, können schwere Folgen für die geistige Gesundheit entstehen. Was uns die Woche aber auch lehren will, dass wir darauf achten müssen, uns nicht in irgendwelchen verstaubten Geschlechtervorstellungen einzuschränken. Die obige Frage lautet also besser: Wann haben Sie nichts für die Seele getan, weil es nicht den vermeintlichen Gesellschaftserwartungen entsprach?
Männer bleiben nämlich eine schwer erreichbare Dialoggruppe. Beispiel Depression: Es werden doppelt so viele Frauen wie Männer mit einer Depression diagnostiziert. Die Selbstmordrate unter Männern ist indes viel höher als die unter Frauen. Erkranken Männer seltener an einer Depression? Oder wollen sie es nur nicht zugeben? Differenziert dieser Schlüssel überhaupt zwischen den Identitäten, die das Gender-Sternchen repräsentiert? Das alarmierende Verhältnis zeigt: Wir müssen ansprechen, was uns bedrückt.
Wir alle brauchen dazu eine kontinuierliche Sichtbarkeit in der Gesellschaft, für Fragen des Geschlechts und der geistigen Gesundheit, die anerkennt: Du bist okay! Derzeit zeigt die Schwankhalle hierzu einen spannenden Mix von Arbeiten, die Fragen nach geistiger Gesundheit, Queerness und Gender, Rape Culture usw. stellen. Und im Bremer Kommunalkino „City 46“ läuft seit April die Filmreihe Depri-Dienstag mit wechselnden Gästen zum Thema Depressionsarbeit.
Unabhängig von der Bremer Aktionswoche steht beides doch ganz in deren Zeichen. Um jene Begegnungsräume zu gestalten, setzen sie sich alle dafür ein, Stigmatisierungen vorzubeugen, die durch Medien entstehen können. Über die gemeinsame ästhetische Erfahrung sind alle eingeladen, über geistige Gesundheit zu sprechen, um Vorurteile nachhaltig abzubauen – egal welchen Geschlechts.
Unser Gastautor Tobias Dietrich ist Doktorand an der Universität Bremen und Kurator der Filmreihe „Depri-Dienstag: Begegnung mit Depression und affektiver Störung“ im Bremer Kino „City 46“.
job4u ist die regionale Plattform, wenn es um Lehren und Lernen geht. Neben dem WESER-KURIER, der Handelskammer und der Handwerkskammer Bremen machen sich hiesige Firmen für junge Leute stark.