
Mitten im Berlinale-Trubel wäre eine Meldung beinahe untergegangen. Die Produzenten des Films „Systemsprenger“ haben ihre Fördergelder zurückgezahlt: 175.000 Euro für die Produktions- und 60.000 Euro für die Verleihförderung. Denn „Systemsprenger“ von Regisseurin Nora Fingscheydt, der auf der Berlinale 2019 uraufgeführt und preisgekrönt wurde, ist ein eigenwilliger, aber auch erfolgreicher Film. 630.000 Menschen haben ihn bisher gesehen, er ist ins Ausland und an Streamingdienste verkauft. Nora Fingscheydt dreht derzeit in Hollywood mit Tom Hanks.
Die Rückzahlung freut die Filmförderung Hamburg/Schleswig-Holstein. Sie zeigt darüber hinaus, dass der deutsche Film immer wieder mal Werke hervorbringt, die abseits von Konfektionsware angesiedelt sind und auch beim Publikum funktionieren. „Toni Erdmann“ war 2016 auch so ein Fall. Genau wie „Systemsprenger“ war Maren Ades Werk sogar für den Oscar in der Kategorie bester nicht-englischsprachiger Film nominiert. Und sie wurde nach Cannes eingeladen. Allerdings: „Toni Erdmann“ war der erste deutsche Film nach sieben Jahren, dem diese Ehre zuteil wurde, nach Fatih Akins „Auf der anderen Seite“ von 2007. Einen Oscar gab es zuletzt ebenfalls 2007 für „Das Leben der anderen“ von Florian Henckel von Donnersmarck. Das ist nach wie vor ein sehr mageres Ergebnis, wenn man sich anschaut, wie groß der Fördertopf für den deutschen Film ist.
Kulturstaatsministerin Monika Grütters hatte die Summe, die der Bund für das ausgibt, was er für kulturell wertvoll hält, Mitte 2019 sogar noch einmal aufgestockt. Und das ist nicht die einzige Quelle, die Produzenten anzapfen können. Die Bundesländer geben Geld und belohnen damit auch, dass in Bremen oder Bayern gedreht wird. Hinzu kommen die Abgaben der Filmwirtschaft: Kinobetreiber, Verleiher, Homevideoanbieter, Fernsehanstalten, Streamingdienste. Insgesamt beläuft sich das auf ein Volumen von aktuell mehr als 450 Millionen Euro, 336 Millionen Euro werden für Produktion und Entwicklung ausgegeben.
Über zu wenige deutsche Filme kann man denn auch nicht klagen: 153 liefen im vergangenen Jahr an, laut der Spitzenorganisation des deutschen Films ein neuer Höchstwert. Daraus folgt: Die Kinos können die meisten nur kurz ins Programm nehmen; in Städten mit wenigen Leinwänden ist ein Großteil gar nicht zu sehen. Zwar wird jede fünfte Kinokarte für einen deutschen Film gelöst, den größten Anteil daran haben aber Megaseller wie beispielsweise die „Fack ju Göthe“-Reihe. Auf das Konto von Regisseur Bora Dagtekin geht ebenfalls der am besten besuchte deutsche Film des vergangenen Jahres: „Das perfekte Geheimnis“. Das ist ordentlich produzierte, aber konventionelle Unterhaltungsware, wie auch „Der Junge muss an die frische Luft“ oder „Lindenberg! Mach dein Ding!“. Läuft wochenlang in den Kinos, passt hinterher gut ins Fernsehen. Außerhalb Deutschlands hält sich das Interesse aber sehr in Grenzen.
Ambitioniertere Produktionen, die sich auch in Genres wie Science Fiction oder Horror ausprobieren, werden dagegen vor allem auf den landauf, landab stattfindenden Festivals gezeigt und haben wenig Chancen, sich bekannt zu machen. Wenn sie denn überhaupt einen Verleih finden. Auch Kulturstaatsministerin Grütters ist unzufrieden mit der Situation. Man habe „beim Filmprodukt Luft nach oben“, sagte sie im Interview mit der „B.Z.“ anlässlich der Berlinale. Interessant zu beobachten ist immer wieder, dass andere Länder mit mehr Selbstbewusstsein und Mut zum Experiment zu Werke gehen und sich damit einen internationalen Ruf erarbeitet haben, von dem sie dauerhaft zehren. Auch in deutschen Arthouse-Kinos werden Filme über renitente isländische Bäuerinnen gezeigt, skurrile belgische Komödien oder Sozialstudien aus der Pariser Banlieue.
Der deutsche Filmnachwuchs lässt sich trotzdem nicht entmutigen. „Bad Banks“, „Babylon Berlin“ oder „Dark“ sind kühnes Erzählen Made in Germany. Leider immer seltener auf der großen Leinwand und immer öfter auf dem Bildschirm.
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