
Vor fast 40 Jahren dürfte kaum klar gewesen sein, welche Bedeutung dieses Modell für den Konzern – aber auch für Bremen – einmal haben wird: 1983 brachte Daimler den 190 auf den Markt – den auch Baby-Benz genannten Vorläufer der heutigen C-Klasse. Von keinem anderen Modell haben die Stuttgarter so viele Fahrzeuge verkauft wie von diesem. Die neue Generation, die am Dienstag vorgestellt wurde, soll keine Ausnahme sein.
„Die Buchstaben C und S stehen an entgegengesetzten Enden des Alphabets. In unserem Portfolio rücken sie jetzt näher zusammen“, sagt Daimler-Vorstandschef Ola Källenius. Denn die aktuelle Auflage soll viele Annehmlichkeiten bekommen haben, die man zuvor nur aus der S-Klasse kannte. Damit will Daimler im Bereich der Premium-Mittelklassewagen ein Statement setzen und deutlich machen, wer der Technologieführer ist. Ob das jedoch reicht?
„Tesla ist der Benchmark“, sagte Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive Management, kürzlich dem WESER-KURIER. Das gelte nicht nur für den EQC als erstes reines E-Auto von Daimler, sondern auch für die C-Klasse, die im Konkurrenzkampf zu Teslas elektrischem Modell 3 steht. So hat Tesla 2020 rund 60.000 Fahrzeuge seines Mittelklassewagens mehr verkauft als Daimler von der C-Klasse. In den Jahren zuvor entschied Mercedes diesen Wettkampf noch deutlich für sich.
Ob sich die Machtverhältnisse mit der neuen Generation erneut verschieben werden, muss sich noch zeigen. Zumindest hat Mercedes in Sachen Elektrifizierung nur den Mittelweg gewählt: Die C-Klasse soll neben den Versionen mit Verbrennungsmotor auch als Plug-in-Hybrid auf den Markt kommen, der eine elektrische Reichweite von rund 100 Kilometern haben soll. Eine reine Elektro-Version des Autos gibt es nicht.
Daimler-Vertriebschefin Britta Seeger gibt sich diesbezüglich entspannt: „Am Ende des Tages ist entscheidend, wofür sich unsere Kunden entscheiden“, sagt sie mit Blick auf die Antriebe. Wohl nicht ohne Grund, denn zuletzt fiel das Votum der Käufer eindeutig aus. Der EQC ist mit 20.000 verkauften Exemplaren im vergangenen Jahr weit hinter den Erwartungen geblieben, die Daimler an das E-Auto gestellt hatte (wir berichteten). Um wohl eine weitere Niederlage zu vermeiden, kommt das Bremer E-Auto auch gar nicht erst auf den amerikanischen Markt. Hier setze man lieber auf die Elektromodelle EQE, EQS und EQB, die ebenfalls in diesem Jahr Premiere feiern sollen, sagt die Vorständin. Und eben auf die C-Klasse. Wobei Seeger auch sagt: „Je weiter westlich man geht, desto beliebter sind SUVs.“
Der Umkehrschluss dürfte aber das bedeuten, was die Verkaufszahlen der vergangenen Jahre schon gezeigt haben: Der asiatische Markt ist extrem wichtig für die C-Klasse. Er hat zuletzt auch im Krisenjahr 2020 ein großes Stück dazu beigetragen, dass Daimler trotz allem einen Gewinn von 6,6 Milliarden Euro verbuchte. Seit 2016 ist China der größte Absatzmarkt der C-Klasse-Limousine. In Deutschland ist vor allem das T-Modell beliebt. Zwei von drei C-Klassen fahren hier in der Kombi-Variante.
Die globale Verteilung der Käuferschaft lässt sich ein Stück weit auch aus den Produktionsstandorten ableiten: Vergangenes Jahr wurde bekannt, dass die Fertigung der C-Klasse im US-amerikanischen Tuscaloosa eingestellt wird. Hier soll der Bau von SUVs im Fokus stehen. Die neueste Modellgeneration wird nun in Peking und East London in Südafrika gefertigt – und natürlich in Bremen mit seinen mehr als 12.000 Mitarbeitern. Die Hansestadt ist weiterhin das sogenannte Leitwerk für die anderen Produktionsstandorte.
Im Bremer Werk ist man froh darüber. Auch wenn bereits der Baby-Benz und die anderen Modelle der C-Klasse in der Hansestadt entstanden sind, war längst nicht ausgemacht, dass das auch bei der neuesten Generation der Fall sein wird. Die Fertigung in Sebaldsbrück musste sich intern durchsetzen. „Dass man als Standort im Wettbewerb steht, gehört heutzutage dazu“, sagt Werksleiter Michael Fries dazu.
Auch Michael Peters, Betriebsratsvorsitzender im Bremer Werk, freut sich über den Verbleib der C-Klasse in der Hansestadt – mit Blick auf das vergangene Jahr wohl mehr denn je. „Neue Produkte helfen uns in dieser Zeit.“ Auch wenn Daimler aktuell sparen muss und Stellen streicht, sagt er: „Die Aussichten für das Werk sind gut.“ Denn neben der C-Klasse, die im Juni in den Handel kommen soll, gibt es in diesem Jahr eine weitere Bremer Premiere: Aus der Hansestadt kommt der EQE, eine Art Elektroversion der E-Klasse.
Die C-Klasse der Baureihe W 206 tritt nun zu einer Zeit in den Markt ein, in der der gesamte Automobilsektor vor einem Umbruch steht, ja eigentlich mittendrin ist. Doch neben der Frage nach der Antriebsart und den Modellen der Konkurrenz dürfte auch ein recht profaner Fakt eine wesentliche Rolle spielen: der Preis. Den nannte Mercedes am Dienstag noch nicht. Aufgrund all der Neuerungen gehen Experten jedoch davon aus, dass der aktuelle Startpreis von 35.670 Euro kaum zu halten sein wird.
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