
Nautisch ist es jedes Mal ein Leckerbissen: Wenn die größten Containerfrachter der Welt nach Hamburg kommen, zeigen Lotsen, Schleppercrews und das Personal des Hafenkapitäns ihr ganzes Fingerspitzengefühl. So wieder am späten Montagabend, als in Gestalt der „MOL Triumph“ erstmals ein Schiff mit einer Kapazität von mehr als 20.000 Standardcontainern (TEU, gemeint sind 20-Fuß-Container) die Elbe hinaufglitt. Vor Övelgönne wendeten die Experten den 400-Meter-Giganten, bugsierten ihn mit dem Heck voran in den Waltershofer Hafen und sanft an seinen Liegeplatz am Burchardkai.
Selbst Laien wird in solchen Momenten bewusst, wie eng es im Hafen ist, jedenfalls für solche Schiffe der Superlative. War das Einparken der „Triumph“ noch zu schaffen, stieß Hamburg in anderer Hinsicht an Grenzen. Weil die Elbfahrrinne nicht tief genug und die Köhlbrandbrücke zu niedrig ist, konnte das Flaggschiff der japanischen Reederei MOL ihr Ziel nur halb voll und den Terminal in Altenwerder gar nicht erreichen.
Jumbo-Brücken für 24 Containerreihen
Dennoch feierten Senat und die Marketinggesellschaft des Hafens den Anlauf als Erfolg für den Standort. „Wir versuchen, unter allen Umständen die Voraussetzungen für solche Schiffe zu schaffen“, sagte Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos). Die Stadt dürfe den Anschluss an die rasant größer werdenden Container-Carrier nicht verlieren.
Horchs Botschaft an die Reeder: Wir schaffen das – trotz allem. Die Terminalbetreiber haben dafür viel investiert. So ließ die HHLA am Burchardkai 13 Jumbo-Brücken installieren, deren Ausleger über die gesamte Breite der Mega-Schiffe mit bis zu 24 Containerreihen reichen.
MOL-Nordeuropa-Chef Jan Holst war voll des Lobes für die Anstrengungen in Deutschlands größtem Hafen. Trotz Einschränkungen bleibe Hamburg eine wichtige Destination. Zugleich verhehlte der Manager nicht, dass sich die Reederei eine schnelle Elbvertiefung wünscht. Etwa 1800 zusätzliche Container könnte das Schiff laden, so Holst, würde die Fahrrinne um einen Meter vertieft.
Auch Horch wird nicht müde, die Notwendigkeit der Elbvertiefung als unverzichtbar zu betonen mit Blick auf die Megacarrier mit Platz für 20.000 TEU und mehr. Zumal bis 2019 etwa weitere 30 Schiffe dieser Kategorie in den Weltmarkt kommen. Ultra Large Vessels (ULV) mit einer Kapazität jenseits von 14.000 TEU verdrängen mit Macht kleinere Frachter. Die „MOL Triumph“ löscht in Hamburg 6000 Stück der 40-Fuß-Container und lädt davon 3500 an Bord.
Voraussichtlich am frühen Donnerstagmorgen wird die „MOL Triumph“ wieder ablegen. Als Teil der Reederei-Allianz „The Alliance“ kehren der Riese und seine Schwesterschiffe regelmäßig in die Hansestadt zurück. Jedenfalls fürs Erste. Eine Alternative könnte der Jade-Weser-Port (JWP) sein. Nautisch sei der Hafen auf jeden Fall hervorragend erreichbar, so Thomas Pawlik, Professor für Maritimes Management an der Hochschule Bremen. Und Deutschlands einziger Tiefwasserhafen werde sich von den Umschlagzahlen langfristig auch weiter nach oben entwickeln.
Ausgefeiltes Feedernetzwerk
Dennoch sei Hamburgs Position als größter deutscher Seehafen dadurch nicht gefährdet. Auch wenn die ganz großen Containerschiffe wegen des Tiefgangs nicht voll beladen die Elbe befahren können, werden diese auch künftig nach Hamburg hinauffahren, so der Schifffahrtsexperte. Dafür gebe es drei Gründe: Die sogenannte Loco-Quote, also die Container, deren Inhalte in der Region verbleiben, sei in Hamburg mit über 30 Prozent im Vergleich zu vielen anderen Häfen überdurchschnittlich hoch.
Außerdem gebe es ein sehr ausgefeiltes Feedernetzwerk über das ein weiteres Drittel der Container in den Ostseeraum transportiert werde. Hinzu komme ein sehr gut funktionierender Güterverkehr für die Weiterverteilung der Waren in Richtung Süden.
Jade-Weser-Port langsam im Aufwind
Für Bremerhaven sieht Pawlik ebenfalls nicht die Gefahr, dass der Hafen in größerem Maße Umschlag an den Jade-Weser-Port (JWP) verliert – auch wenn Bremerhaven wegen des Tiefgangs der Containerschiffe vor einem ähnlichen Problem wie Hamburg stehe, so Pawlik. Die Seestadt, deren Loco-Quote zwar nur bei etwa zehn Prozent liege, punkte wie Hamburg vor allem durch die sehr guten Hinterlandanbindungen und im Vergleich zu Hamburg mit der wesentlich kürzeren Revierfahrt. Dennoch werde die Bedeutung des JWP weiter zunehmen, weil auch dort die Hinterlandanbindungen besser werden. Allerdings werde das Wachstum dort vor allem durch zusätzlichen Warenumschlag stattfinden.
Was die Hinterlandanbindung angeht, wurde gerade eine neue wöchentliche Zugverbindung zwischen Duisburg und Wilhelmshaven eingerichtet. Aus Sicht der Wilhelmshavener Hafenwirtschafts-Vereinigung ein großer Erfolg und weitere Optimierung der Lieferketten. Denn der Duisburger Hafen gelte als größte Logistikdrehscheibe Deutschlands.
Hamburg ist weiterhin Nummer eins in Deutschland: 2016 wurden dort 8,9 Millionen Standardcontainer (TEU) umgeschlagen, in Bremerhaven waren es 5,5 Millionen TEU. In Wilhelmshaven waren es 481.720 TEU. Ausgelegt ist der dort 2012 eröffnete Jade-Weser-Port für eine maximal mögliche Umschlagkapazität von 2,7 Millionen TEU. Der etwa eine Milliarde Euro teure Hafen ist ein Gemeinschaftsprojekt von Niedersachsen und Bremen.
job4u ist die regionale Plattform, wenn es um Lehren und Lernen geht. Neben dem WESER-KURIER, der Handelskammer und der Handwerkskammer Bremen machen sich hiesige Firmen für junge Leute stark.
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