
Einst als Auslaufmodell gehandelt, erfreut sich die Pauschalreise bei sonnenhungrigen Bundesbürgern unverändert großer Beliebtheit. Doch damit Geld zu verdienen, scheint angesichts des Preiskampfes schwierig. Branchenprimus Tui setzt verstärkt auf eigene Hotels, Kreuzfahrten und Dienstleistungen. Einen ähnlichen Weg will der Reisekonzern Thomas Cook gehen. Zeichnet sich ein branchenweiter Trend ab?
„Das Image der Pauschalreise hat sich gewandelt. Sie ist inzwischen stark individualisiert. Urlauber können sich einzelne Bausteine zusammenstellen“, begründet Tourismusexperte Martin Lohmann die anhaltende Nachfrage. „Mit der Individualisierung haben die Veranstalter ein eigentlich veraltetes Produkt marktfähig gehalten. Das war sehr pfiffig“, sagt der Geschäftsführer des Kieler Instituts für Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa (NIT).
Gemessen an den Gesamtausgaben im Reisemarkt kam die Pauschalreise im vergangenen Jahr laut Branchenverband DRV auf 53 Prozent. „Es verstärkt sich der Trend, dass deutsche Urlauber auf die Sicherheit der organisierten Reise setzen. 2018 war ein absolutes Pauschalreisejahr“, beschrieb DRV-Präsident Norbert Fiebig im Februar die Entwicklung. 2016 hatte der Anteil bei gut 50 Prozent gelegen.
Daten der Reiseanalyse FUR bestätigen ebenfalls eine gestiegene Nachfrage. Waren 2010 knapp 42 Prozent aller Urlaubsreisen ab fünf Tagen Pauschal- und Bausteinreisen, lag ihr Anteil im vergangenen Jahr bei gut 43 Prozent. Selbst bei jungen Erwachsenen zwischen 14 und 29 Jahren liegen organisierte Reisen laut FUR im Trend (gut 44 Prozent). Sie buchen demnach sogar häufiger Veranstalterreisen als 30 bis 49-Jährige (knapp 40 Prozent).
Das Pauschalreise-Geschäft ist allerdings umkämpft und Geldverdienen nicht einfacher geworden. Branchenprimus Tui setzt inzwischen weniger aufs Veranstalter- und Fluggeschäft, sondern auf eigene Hotels und Kreuzfahrtschiffe sowie Ausflüge und andere Dienstleistungen für Kunden am Urlaubsort. Ähnliche Wege möchte der hoch verschuldete Wettbewerber Thomas Cook gehen. Die Fluggesellschaften wie die deutsche Condor sollen verkauft werden. Das Geld will das Unternehmen nutzen, um noch mehr in eigene Hotels und neue Technologien zur Reisevermarktung zu investieren.
Nach Einschätzung von Torsten Kirstges, Professor an der Jade-Hochschule in Wilhelmshaven, lässt sich daraus jedoch kein genereller Trend ableiten. „Die großen Konzerne wechseln häufig die Strategie“, sagt der Experte. Die Preise stünden schon seit Jahren unter Druck – mal mehr, mal weniger. „Je austauschbarer das Produkt ist, desto größer ist der Preisdruck.“ Als Beispiel nennt Kirstges die klassischen „Warmwasserreisen“ rund um das Mittelmeer.
Zwar ist die Profitabilität von Veranstalterreisen, gemessen an anderen Branchen, vergleichsweise gering. Kirstges zufolge liegt die Umsatzrendite – also das Verhältnis von Gewinn zum Umsatz – im Schnitt bei ein bis drei Prozent. „Es lässt sich aber durchaus solide Geld verdienen“, sagt der Experte. Eigene Hotels oder Fluggesellschaften seien zwar profitabler, aber der Kapitaleinsatz sei auch deutlich höher.
„Das muss ich erst einmal finanzieren und ausgelastet bekommen.“ Höhere Preise können Kirstges zufolge Anbieter von Spezialreisen verlangen. „Sie besetzen Nischen und bieten besondere Produkte an, etwa Trekking-Touren oder Studienreisen. Die Kunden sind bereit, dafür mehr Geld zu zahlen.“ Einer der Spezialisten ist der Veranstalter Chamäleon, der auf nachhaltiges Reisen setzt. Die Tourismusexperten Kirstges und Lohmann sind sich einig: Die Pauschalreise ist kein Auslaufmodell. „Es wird sie auch noch in 20 Jahren geben“, sagt Kirstges.
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