Silke Hellwig
zum Museum Weserburg
Eigentlich schreit der neue Vorschlag für das Museum Weserburg geradezu nach Verwirklichung. Selbst Kulturbanausen müssen sich die Vorteile aufdrängen: Die Kulturmeile an den Wallanlagen profitierte, das Museum Weserburg profitierte und das Publikum auch, und wie: Es bietet sich schon jetzt an, nach dem Besuch der Kunsthalle noch einen Schlenker zum Gerhard-Marcks- und Wilhelm-Wagenfeld-Haus zu machen. Und umgekehrt. Mit einer weiteren Einrichtung wäre der Anreiz für Kulturtouristen vermutlich noch größer, womöglich eine weite Anreise in Kauf zu nehmen: Erst flaniert man durch die vier Museen, abends geht es ins Theater, und alles das spielt sich innerhalb eines halben Quadratkilometers ab – auf einer Art Museumsinsel, wie in Berlin, nur statt von Wasser von Grün umgeben.
Nun kann man nicht einfach ein Gebäude in die Wallanlagen klotzen. Sie stehen unter Denkmalschutz. Jeder Zentimeter will verteidigt werden. Zu Recht gilt es als Tabu, in den Anlagen zu bauen – die Erfahrung lehrt, dass aus einem Tabu- schnell ein Dammbruch werden kann. Und die Begehrlichkeiten sind groß – in Bremen gibt es einige Lagen, die vermutlich das Prädikat eins a mit Sternchen verdienen. Die Wallanlagen zählen hinzu, eben weil sie bis heute nahezu komplett und beinahe unverändert erhalten sind.
Indes ist es ein fundamentaler Unterschied, ob Investoren Eins-a-Lagen für neue und vor allem profitable Büro- oder Geschäftshäuser suchen oder ob ein Kulturensemble eine sinnvolle Ergänzung bekommen soll; eine buchstäbliche Ergänzung, die der zurückhaltenden Architektur der Nachbarschaft in nichts nachstehen dürfte; eine staatliche Ergänzung, der von Beginn an entschieden Grenzen gesetzt wären – finanziell und architektonisch.
Schon 2004, als sich konkretere Pläne für die Erweiterung der Kunsthalle abzeichneten, schauten einige Bremer über die Straße Am Wall. Ein Tunnel hätte Kunsthalle alt und Kunsthalle neu verbinden können... Vielleicht wird aus dem Tunnel nun doch noch was. Denn wer das Museum Weserburg erhalten will, und es gibt gute Gründe, es erhalten zu wollen, muss für einen attraktiveren Platz sorgen. Vielleicht ist der Preis, einen Teil der Wallanlagen zu opfern, zu hoch. Vielleicht fällt der Mutlosigkeit aber auch eines Tages das Museum zum Opfer.
silke.hellwig@weser-kurier.de