Eine möglicherweise noch leichter übertragbare Omikron-Untervariante breitet sich in einigen Ländern zügig aus – doch noch sind viele Fragen zum Subtyp BA.2 offen. Dieser sei „fraglos schon überall vorhanden, in unterschiedlichem Ausmaß“, sagte der Bremer Epidemiologe Hajo Zeeb.
Bislang dominiert nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) in Deutschland Omikron-Untervariante BA.1, BA.2 gibt es aber auch schon in geringem Umfang. Wichtige Daten zur Übertragung und der Krankheitsschwere von BA.2 fehlen Experten zufolge aber noch. Auch ob die Variante den Immun- und Impfschutz umgehen kann, sei noch nicht klar.
Christian Drosten über Omikron-Subtyp BA.2
Der Virologe Christian Drosten gibt zu bedenken, dass die Variante BA.2 von Omikron eine noch höhere Übertragbarkeit haben könnte als der derzeit in Deutschland vorherrschende Subtyp BA.1. Auf Basis neuer Daten aus Dänemark nehme er an, dass BA.2 möglicherweise einen sogenannten Fitnessvorteil und damit eine gesteigerte Übertragungsfähigkeit haben könnte, sagte der Wissenschaftler von der Berliner Charité am Dienstag (1. Februar) im Podcast "Coronavirus-Update" bei NDR-Info.
Drosten erklärte den angenommenen Unterschied zwischen den beiden Subtypen mit der Metapher von zwei Autos und sagte mit Blick auf BA.2: "Der Motor, der hat schon ein paar PS mehr." Bei BA.1 hingegen sei er der Auffassung, dass die Variante der Immunantwort des Körpers ausweichen könnte, weshalb sie sich so schnell ausbreite.
Die Daten des dänischen Preprints deuteten darauf hin, dass das Infektionsrisiko bei BA.2 deutlich höher sei als bei BA.1. Das Risiko der Weitergabe des Virus ist demnach bei infizierten Ungeimpften ebenfalls stark erhöht, bei geimpften Kontaktpersonen allerdings verringert.
Deutschland, die Nachbarländer Frankreich und Österreich sowie eine Reihe weiterer Länder haben den Untertyp bereits nachgewiesen. In Dänemark, das dank umfangreicher Sequenzierungen bestens über die vorherrschenden Varianten im Land informiert ist, ist BA.2 nach Angaben des staatlichen Gesundheitsinstitutes SSI mittlerweile für rund die Hälfte aller Fälle verantwortlich.
Omikron-Subtyp BA.2 offenbar leichter übertragbar
„Weil man in verschiedenen Ländern beobachten kann, dass der Anteil an BA.2 zunimmt, wird vermutet, dass BA.2 einen Vorteil in der Übertragbarkeit gegenüber BA.1 hat“, sagte Sandra Ciesek, Direktorin des Instituts für Medizinische Virologie an der Frankfurter Uniklinik. Auch nach Ansicht des Biophysikers Richard Neher von der Universität Basel liegt diese Vermutung nahe. Doch noch fehlen wissenschaftliche Belege.
So könne neben einer höheren Übertragbarkeit auch eine stärkere Immunflucht dazu führen, dass sich immer mehr Menschen mit BA.2 infizierten, erklärte Ciesek. Immunflucht bedeutet, dass eine durchgemachte Infektion oder eine Impfung weniger gut vor dem Erreger schützen. „Sehr frühe Beobachtungen aus Dänemark legen nahe, dass zwischen BA.1 und BA.2 in der Krankheitsschwere kein großer Unterschied zu sein scheint.“ Allerdings fehlten auch hier noch verlässliche klinische Daten. Eines ist laut Virusvarianten-Experte Neher hingegen sicher: Der Vorteil, den BA.2 über BA.1 hat, ist kleiner als der von Omikron über Delta.
Herkunft noch ungewiss
Wo der Subtyp genau herkommt, ist den Experten zufolge ungewiss. Neu ist er nicht. So konnte BA.2 schon kurz nach dem Auftreten von Omikron nachgewiesen werden. Der Subtyp ist eine „Schwesterlinie“ von BA.1 - beide sind Omikron-Untervarianten, und es ist nicht etwa eine aus der anderen entstanden. Auch wenn die beiden Varianten BA.1 und BA.2 weitgehend identisch sind, weisen sie unterschiedliche Mutationen auf.
Ein weiterer wichtiger Unterschied: BA.2 fehlt eine Mutation, die bei bestimmten PCR-Tests zunächst für eine Unterscheidung von Omikron und Delta herangezogen wurde. „BA.2 wurde deshalb anfangs fälschlicherweise als "Tarnkappen-Mutation" beschrieben, weil diese Variante sich nicht von Delta in dieser Mutation unterscheidet“, erklärte Virologin Ciesek. In der Regel würden jedoch entweder mehrere verschiedene Mutations-PCRs durchgeführt oder das Genom sequenziert, so dass Labore durchaus zwischen BA.1, BA.2 oder Delta unterscheiden könnten.
So wurde hierzulande in der ersten Januarwoche laut dem aktuellsten RKI-Wochenbericht BA.1 in einer Stichprobe 1568 Mal nachgewiesen werden, während BA.2 lediglich 38 Mal auftauchte.