Daniel Killy
zur Krisen-Politik Barack Obamas
Endlich mal ein US-Präsident, der sich nicht als Weltpolizist aufspielt – das ist das Bild, das Barack Obama der Welt vermitteln wollte. Und die Welt nahm es dankbar zur Kenntnis. Doch nun ist die Ernüchterung umso größer. Denn noch nie war ein US-Präsident so schwach, noch nie galt international sein Wort so wenig.
In Zeiten des Kalten Krieges, die sich niemand zurückwünscht, galt das Wort eines US-Präsidenten noch. Eine rote Linie war eine rote Linie. Zieht Obama eine rote Linie, lachen sich Dikatoren, Despoten und lupenreine Demokraten mittlerweile halbtot darüber – denn sie wissen: Dieser US-Präsident handelt nicht. Ob Assad, Kim Jong Un, Abbas oder Putin, sie tun, was sie wollen, weil sie wissen, dass jede neuerliche Provokation in Washington zwar gerügt wird, weitere ernsthafte Konsequenzen aber ausbleiben.
Jetzt will Obama offenbar Klartext reden – aber nicht etwa mit dem Schlächter von Damaskus oder dem russischen Präsidenten; nein: Israels Premier Benjamin Netanjahu soll der Adressat der präsidialen Kritik sein. Für die schleppenden Friedensverhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern, die von den beiden Terror-Parteien Fatah und Hamas regiert werden, wird von der US-Regierung ausgerechnet die einzige Demokratie in Nahost verantwortlich gemacht.
Dieser Werte-Wirrwarr des Präsidenten verwundert nicht nur Freunde der Vereinigten Staaten: Er hat mittlerweile Tausende Menschen das Leben gekostet. Und er führt dazu, dass sich Millionen zwischen Damaskus und dem Maidan enttäuscht vom Westen abwenden – und sich radikalisieren.
Obama ist seinerzeit angetreten, der Welt mehr Frieden zu bringen. Nun, zur Hälfte seiner zweiten Amtszeit, ist das Gegenteil der Fall. Das Wort des US-Präsidenten wird dort, wo es drauf ankommt, nicht mehr ernst genommen.
Die Fakten schaffen derweil andere. Und der Präsident? Kritisiert in Washington Netanjahu.
daniel.killy@weser-kurier.de
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