
Weder Bernd Leno noch Marc-André ter Stegen wirken stabil genug, um Torwart Manuel Neuer bei der Deutschen Fußball-Nationalmannschaft gut ersetzen zu können.
Es hatte wohl einen guten Grund, dass Manuel Neuer in Augsburg irgendwie doch da war. Auf den Ankündigungsplakaten, die an Litfaßsäulen oder Haltestellen prangten, blickte dem Betrachter der Stammtorwart der deutschen Nationalmannschaft entgegen. Um das Benefizländerspiel gegen die Slowakei zu bewerben, taugte das Konterfei des gar nicht angereisten Schlussmanns offenbar besser als das von Bernd Leno oder Marc-André ter Stegen.
Dass das Leistungsgefälle der drei deutschen Torhüter im EM-Aufgebot so krass ist, war die sportlich vielleicht besorgniserregendste Botschaft des Tests von Augsburg. Würden auf dieser Schlüsselposition allein die Eindrücke vom Sonntag zählen, müsste sich allenthalben Bestürzung ausbreiten. Und alle darauf hoffen, dass dem 30 Jahre alten Neuer bei der EM bloß nichts zustößt.
Seine sechs Jahre jüngeren Vertreter scheinen auf dieser Bühne längst nicht so weit. Viel unglücklicher kann ein Debüt nicht verlaufen als bei Leno, der zwei Schüsse aufs Tor bekam. Beide schlugen ein. Beim 1:2 rauschte die Kugel durch seine Fäuste; der Leverkusener stapfte im Gewitterregen wohl selbst mit dem Gefühl in die Kabine, die Situation besser lösen zu können.
Und es kann auch kein Trost gewesen sein, dass sein direkter Rivale nach der Pause eine noch viel schlechtere Figur machte. Ter Stegen führte eine fast schon tragikomische Serie von Pleiten, Pech und Pannen fort. An Fehlgriffe vor vier Jahren gegen die Schweiz (3:5) oder dem Luftloch bei der Amerika-Reise gegen die US-Boys (3:4) reihte sich nun ein Kullerball, der quasi durch Hosenträger glitt. „Natürlich ärgert mich das Gegentor, es wäre ja schlimm, wenn nicht“, versicherte der immer wieder zu unkonzentrierten Aktionen neigende Akteur. Seine Erklärung: „Ich sehe den Ball nicht mehr vor lauter Wasser, aber natürlich ist das mein Fehler, gar keine Frage.“
Sein Selbstvertrauen wirkt fast so unerschütterlich wie das Urvertrauen des Bundestrainers. „Ich weiß, was Marc kann. So eine Sache kann passieren. Der Ball war nass, rutschig“, beschwichtigte Joachim Löw und sprach ein mildes Urteil: „Ich mache ihm keinen Vorwurf.“ Vermutlich hüllt der 56-Jährige auch deshalb den Mantel des Schweigens über den Lapsus, weil der Trainerstab sich im Tor unnötig der Alternativen beraubt hat. Kevin Trapp aus Paris, Ron-Robert Zieler aus Hannover (bald Leicester) oder Ralf Fährmann aus Schalke wären sicherlich gerne nach Ascona gekommen, um sich in einen Ausscheidungskampf zu werfen. Doch der Bundes-Torwarttrainer Andreas Köpke hielt das nicht für nötig.
Der Ex-Nationaltorwart sagte auch, dass es keine feste Nummer zwei gebe – intern galt ter Stegen bislang als erster Mann hinter der Nummer eins Neuer. Muss das vielleicht noch einmal überdacht werden? Der gebürtige Gladbacher war schließlich im Liga-Alltag beim FC Barcelona vielleicht doch nicht ganz umsonst außen vor. Und wie war das in der EM-Vorbereitung 2012, als Neuer erst noch das Champions-League-Finale in München spielte und sich drei Torwart-Kandidaten um zwei Plätze balgten?
Ter Stegen befiel beim Debüt in Basel derart die große Flatter, dass er trotz allem Talent zuhause bleiben musste. Neben Neuer und Zieler reiste damals schließlich ein Torwart ins Quartier nach Danzig, der mittlerweile vom Karussell gerutscht ist: Tim Wiese – heute in Bremen Bodybuilder statt Berufsfußballer.
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