So manche ZDF-Zuschauer aus Franken sind sauer. Sie klagen: Ginge es nach dem in dem Mehrteiler „Tannbach“ gesprochenen Dialekt, dann verlief die einstige deutsch-deutsch-Grenze südlich von München. Davon unbenommen kann sich das Zweite über einen Quotenerfolg freuen.
Die Wahl des oberbayerischen Dialekts im ZDF-Dreiteiler „Tannbach“ über das Nachkriegsschicksal des fränkischen Dorfs Mödlareuth hat auf Twitter einen Proteststurm ausgelöst. „Der bayrische Dialekt in ,Tannbach’ zeugt von völliger Ignoranz. In dieser Gegend sprechen die Menschen fränkisch, das klingt ganz anders“, twitterte ein TV-Zuschauer. Der Mehrteiler endete am Mittwoch mit 6,59 Millionen Zuschauern – ein Quotenhit.
„Dem Dialekt nach müsste ,Tannbach’ eher Miesbach heißen“, kommentierte ein anderer per Kurznachrichtendienst. Miesbach liegt nahe der österreichischen Grenze. „Der oberbayerische Dialekt passt extrem gut zum ehemaligen Grenzverlauf, der ja bekanntlich hinter Bad Tölz war“, lautet ein weiterer, ironisch gehaltener Kommentar. Manche machten aber auch klar, dass ihnen trotz des „falschen Dialekts“ der Dreiteiler gut gefallen habe.
Die Tageszeitung „Der Fränkische Tag“ sprach von einem „Dialekt-Debakel“: Tannbach sei einfach nach Oberbayern verpflanzt worden, „zumindest wenn man von dem im Film gesprochenen Dialekt ausgeht“, kommentierte eine Redakteurin. Dass das geografisch und geschichtlich keinen Sinn ergebe, spiele für die Filmemacher wohl keine Rolle, kritisierte sie.
Ausgesprochen verärgert zeigt sich der „Fränkische Bund“. Der Mitbegründer des fränkischen Interessensverbandes, Joachim Kalb, sprach von einer „Dreistigkeit“ des ZDF, „den Seppldialekt im fränkischen Mödlareuth erklingen zu lassen“. „Es war richtig krass, weil ja ansonsten jeder Besenstil und jeder Grashalm detailgetreu und präzise der Zeit entsprechend dargestellt wurde“, beklagte Kalb.
Eine ZDF-Sprecherin sagte am Donnerstag, die Filmemacher hätten im Vorfeld die Dialektfrage eingehend erörtert. „Es sollte auf jeden Fall eine ländliche Dialektfärbung sein“, sagte sie. Auch sollte der Dialekt von möglichst vielen TV-Zuschauern verstanden werden. Zudem stehe das in dem ZDF-Dreiteiler vorgestellte Dorf stellvertretend für alle anderen früheren Orte entlang der Grenze. „Und auch in Mödlareuth hat es vor 70 Jahren noch andere Dialektfärbungen gegeben“, gab die Sprecherin zu bedenken.
Der Dreiteiler „Tannbach“, dessen letzter Teil am Mittwoch ausgestrahlt worden war, schildert das Schicksal des bayerisch-thüringischen Dorfs Mödlareuth und seiner Bewohner in der Nachkriegszeit. Ein jahrhundertealter, am Fluss Tannbach orientierter Grenzverlauf und die Uneinigkeit der Alliierten hatten dazu geführt, dass die Zonengrenze mitten durch den Ort verlief – und damit Familien zerrissen und einstige gute Freunde zu Feinden wurden.
Nach ZDF-Angaben haben die deutsch-deutsche Dorfsaga mit den Schauspielern Nadja Uhl, Heiner Lauterbach, Martina Gedeck und Henriette Confurius im Schnitt 6,55 Millionen TV-Zuschauer gesehen. ZDF-Programmdirektor Norbert Himmler sieht darin einen gelungen Programmauftakt für das öffentlich-rechtliche Fernsehen im Jahr 2015.
Mödlareuth – das geteilte Dorf
◼Das kleine Dorf Mödlareuth, das den Stoff für den ZDF-Dreiteiler „Tannbach“ lieferte, liegt direkt auf der Grenze zwischen Bayern und Thüringen. Schon im 19. Jahrhundert verlief hier die Trennlinie zwischen dem Königreich Bayern und dem Fürstentum Reuß. Der Grenzverlauf hatte sich schon damals an dem quer durch den Ort laufenden Tannbach orientiert, was für den Alltag der Menschen bis dahin keine größeren Folgen hatte. Problematisch wurde die Grenzziehung erst nach dem Zweiten Weltkrieg: Plötzlich trennte der Eiserne Vorhang das kleine Dorf. Erst ließ die DDR einen Bretterzaun errichten, dann einen aus Stacheldraht. Schließlich folgte der Bau einer Mauer – ganz so wie in Berlin. Wegen des meterhohen Betonwalls nannten die Amerikaner das kleine Dorf nördlich von Hof bald „Little Berlin“. Heute erinnern ein Museum und eine Gedenkstätte an die schmerzhafte Teilung.