Ein Mann fährt im Auto durch hügelige Landschaft. Windräder. Ein badendes Paar. Ein offenes Fenster. Eine Frau im roten Badeanzug, auf dem Wasser liegend. Mit jedem Lidschlag des Fahrers blitzt ein Bild aus seiner Vergangenheit auf.
Eine dichte Folge von Erinnerungsfetzen leitet das "Hochamt für Toni" (ARD, 4. Juni, 20.15 Uhr) ein. Es braucht einige Momente, um sich in den Krimi hineinzupuzzeln, aber gerade das macht den großen Reiz dieses Franken-"Tatorts" aus. Manchmal ist es wichtiger, wie eine Geschichte vermittelt wird, als die Handlung selbst. Regisseur Michael Krummenacher und Kameramann Jakob Wiessner finden eine Bildsprache und Erzählweise, die ruhig und leicht verrätselt daherkommt, dem Beobachter aber im rechten Moment genug Boden unter die Füße legt.
"Tatort"-Kommissar Voss muss Tod einer alten Liebe verkraften
Der Mann im Auto ist Kommissar Felix Voss (Fabian Hinrichs). Ein Berliner Studienfreund hat sich gemeldet, der jetzt in der Oberpfalz Dorfpfarrer ist – Erinnerungen an gemeinsame Ausflüge mit der feschen Antonia werden bei Voss wach. "Toni" war seine große Liebe. An der Kirche angekommen, vom Priesterfreund begrüßt, muss der Kommissar verkraften, dass Toni verstorben ist. Verbrannt, in einer von innen verriegelten Jagdhütte. Selbstmord? Dazu wolle er in der Predigt etwas sagen, kündigt der Pfarrer an. Zehn Minuten später liegt er erstochen in der Sakristei.
Ausgangspunkt für einen an sich ganz normalen Krimiplot. Der zuständige Ermittler aus der Oberpfalz tippt auf Raubmord, das Jugendheim ist gleich um die Ecke. Der aufgewühlte Kommissar forscht privat weiter, von seiner gelassenen Kollegin Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) unterstützt, von seinem Chef getadelt. Antonias klischeehaft gezeichnete Unternehmerfamilie auf dem großen Landsitz – der Vater ein Patriarch, die Mutter im Rollstuhl, zwei rabiate Söhne, eine scheue jüngere Tochter – blockt radikal alle Nachfragen ab. Es folgen: ein Einbruch bei Voss und Warnschüsse auf der grünen Wiese. Außerdem wird ein Erbschaftsstreit bekannt.
Doch weil der Krimi nie Voss' emotionale Perspektive verlässt, verfolgt man die voraussehbare Aufklärung gebannt, bis der Kommissar im Auto einen letzten Wimpernschlag in Zeitlupe durchlebt. Dass ein defekter Wasserkocher zur Lösung des Falls beiträgt, ist ein netter Gag am Rande.