Die Bayerische Staatsoper hat das Engagement von Anna Netrebko annulliert. Wie der Leiter des Hauses, Serge Dorny, erklärt, habe sich die russische Opernsängerin aus Sicht des Hauses nicht klar genug gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin positioniert. Auf Twitter schrieb Dorny, die bestehenden Engagements seien "aufgrund des schrecklichen Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine und einer nicht ausreichenden Distanzierung" der Musikerin abgesagt worden. Weiter heißt es: "Für die Bayerische Staatsoper sind der Respekt voreinander und der Dialog miteinander unabdingbar für ein friedliches und humanitäres Zusammenleben." Am Freitag wurde bekannt, dass auch die New Yorker Oper die Zusammenarbeit mit Netrebko aussetzt.
Die russische Opernsängerin selbst hat inzwischen alle Konzerte für die nächste Zeit abgesagt. "Nach reiflicher Überlegung habe ich die äußerst schwierige Entscheidung getroffen, mich bis auf Weiteres aus dem Konzertleben zurückzuziehen", ließ die Starsopranistin über den Veranstalter River Concerts mitteilen. "Es ist nicht die richtige Zeit für mich aufzutreten und zu musizieren. Ich hoffe, dass mein Publikum diese Entscheidung verstehen wird", heißt es in dem Statement weiter.
Wenige Tage nach dem Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine hatte sich die in Österreich lebende Netrebko zuvor in einem Social-Media-Statement eher gewunden als klar zur russischen Invasion geäußert. Sie schrieb, sie sei "gegen diesen Krieg" und habe "viele Freunde in der Ukraine". Darüber hinaus bat sie jedoch, russische Künstlerinnen und Künstler nicht zu politischen Meinungsäußerungen zu zwingen. Sie selbst wie auch viele ihrer Kolleginnen und Kollegen seien keine politischen Menschen und auch keine Experten in Sachen Politik: "Ich bin ein Künstler, und mein Ziel ist es, Menschen über politische Grenzen hinweg zu vereinen."
Netrebko unterstützte Putin bei der Präsidentenwahl
Mittlerweile hat Netrebko ihr Instagram-Profil auf Privatmodus umgestellt. Laut "ntv" soll sie nach Auflösung ihres Engagements ein weiteres Statement auf der Plattform abgegeben haben: "Wie gesagt, ich bin gegen diesen sinnlosen Angriffskrieg und fordere Russland auf, diesen Krieg sofort zu beenden, um uns alle zu retten. Wir brauchen jetzt Frieden."
Noch vergangenes Jahr hatte Netrebko ihren 50. Geburtstag bei einer Gala im Kremlpalast gefeiert. Kremlsprecher Dmitri Peskow verlas eine Grußbotschaft Putins, der Netrebko unter anderem für ihre weltweit bewunderte Gesangskunst und ihre "schillernde Individualität" würdigte: "Russland ist stolz auf Sie als Vertreterin unserer heimischen Gesangschule", hieß es weiter. Außerdem würdigte Putin Netrebko damals als "offenen, bezaubernden und gutherzigen Menschen mit einem lebensbejahenden Charakter und einer klaren Position als Bürgerin". In der Vergangenheit hatte Netrebko Putin bei der Präsidentenwahl unterstützt.
Die Entscheidung der Staatsoper, sich von der 50-Jährigen zu trennen, folgte wenige Stunden nach der Entlassung des Chefdirigenten der Münchner Philharmoniker, Waleri Gergijew. Nachdem dieser nicht der Aufforderung nachgekommen war, sich von der russischen Invasion der Ukraine zu distanzieren, zog der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) am Dienstagvormittag Konsequenzen. Gergijews Freundschaft mit dem russischen Machthaber brachte ihm schon häufiger Kritik ein: 2014 hatte Gergijew einen Künstler-Appell zur Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland unterschrieben.