Tokio. Mit Waldwesen, magischen Naturkräften und Geistern aus Japans mythischer Shinto-Welt hat er Kinder in aller Welt verzaubert. Seine Zeichentrickfilme wie „Prinzessin Mononoke“, „Mein Nachbar Totoro“ oder sein Oscar-prämiertes Werk „Chihiros Reise ins Zauberland“ haben Hayao Miyazaki zur Ikone der zeitgenössischen japanischen Anime-Kunst gemacht. Mit seinem Film „Kaze Tachinu“ (englisch: „The Wind Rises“), der seit kurzem in japanischen Kinos läuft und auch bei den diese Woche beginnenden Filmfestspielen in Venedig gezeigt wird, hat Miyazaki nun aber eine politische Kontroverse losgetreten.
Es geht um den Entwickler des Mitsubishi Zero, Japans einst gefürchtetes Jagdflugzeug aus dem Zweiten Weltkrieg. Miyazakis erster Film seit fünf Jahren erscheint zu einer Zeit erhöhter politischer Spannungen in Asien, in der Japans rechtskonservativer Ministerpräsident Shinzo Abe eine Revision der pazifistischen Nachkriegsverfassung anstrebt, um das eigene Militär zu stärken. In Japans „beschämender Geschichte“ des Zweiten Weltkriegs sei das Trägerjagdflugzeug Zero „eines der wenigen Dinge, auf die wir Japaner stolz sein können“, sagt Miyazaki in einem Interview mit der japanischen Tageszeitung „Asahi Shimbun“. Dank modernster Technik und Werkstoffe war der Zero deutlich wendiger als die meisten alliierten Jäger. Beim Angriff auf Pearl Harbor 1941 gelang es Japan damit, den Amerikanern schwere Verluste zuzufügen, ehe die Alliierten technisch und taktisch die Oberhand über den Zero gewinnen konnten. Ab 1944, als sich Japans Niederlage abzeichnete, diente der Zero für Kamikaze-Angriffe.
Mit „Kaze Tachinu“ wollte der 1941 geborene Miyazaki das „außergewöhnliche Genie“ von Jiro Horikoshi, dem Entwickler des Zero, ehren. Die Ultrarechten hätten den Zero für ihren „Patriotismus“ und zur Kompensierung ihres „Minderwertigkeitskomplexes“ missbraucht. Mit seinem Film wolle er Horikoshi aus den Händen dieser Leute reißen.
Japans Ultrarechte zogen prompt mit Hasstiraden über Miyazakis neuen Film her. Miyazaki sei „anti-japanisch“ und ein „Verräter“, schrieben sie auf einschlägigen Internetseiten. Aus Südkorea, wo der Film im September in die Kinos kommen soll, sieht sich Miyazaki genau der gegenteiligen Kritik ausgesetzt – sein Film verherrliche den Krieg, heißt es dort. Südkoreanischen Journalisten erklärte Miyazaki dazu, sein Protagonist Horikoshi sei kein Fanatiker gewesen, sondern habe sogar Forderungen der militärischen Führung damals abgelehnt.