Horn-Lehe. Dennis und Otto dümpeln in ihrem Aquarien-Biotop samt beheizbarer Sandfläche gemütlich vor sich hin. Eine Lampe mit wohligem UV-Licht sorgt dafür, dass die Zierschildkröten mit genügend Vitamin D versorgt werden, damit sie auch ja nicht Rachitis, also Knochenerweichung bekommen. Nur ab und an recken sie die Köpfchen mit der markanten gelben Zeichnung in die Höhe. Mit der Ruhe ist es jedoch schlagartig vorbei, als Christine Schorr, Biologin und Leiterin der Bildungsabteilung im Universum Bremen, eine Dose mit getrockneten Krebs-Leckerbissen öffnet und die beiden Geschwister-Kröten mit der Pinzette zu füttern beginnt. Dennis ist so gierig, dass er umgehend zur Schnapp-Schildkröte mutiert, sich sogar an der Pinzette festbeißt und nach oben ziehen lässt. Und Otto setzt sogar zu einem Luftsprung an.
Max ist begeistert, als er die Zierschildkröten füttern darf. Der Sechsjährige ist eigens aus Stuhr mit seiner Mutter Stephanie Schmidt-Kaminski ins Universum gekommen, um den Vortrag von Christine Schorr zu erleben. Der kleine Forscher und Entdecker hat eigens seine Becherlupe mitgebracht, durch die er auch sonst kleine Tiere beobachtet. Nur gegen Ende des Vortrags am lebenden Objekt beginnt er ein wenig die Geduld zu verlieren. „Ich habe ja auch fast eine halbe Stunde überzogen“, räumt Christine Schorr am Ende der Veranstaltung „Schildkröte, Seepferdchen und Co. – die Besonderheiten der Universum-Tiere“ ein. Sie ist der Auftakt einer vierteiligen Reihe an Familien-Vorträgen, die unter dem Titel „Hör zu, forsch mit!“ jeweils am Donnerstag um 15 Uhr im Universum stattfinden.
Kampf-Schildkröten
Die Biologin erzählt, dass sie es kaum fassen konnte, als Dennis und Otto förmlich zu Ninja Turtles, also zu Kampf-Schildkröten, mutierten: „Als wir kleine Dornaugen-Fische in dem Aquarium ausgesetzt haben, haben sie sie einfach kurzerhand aufgefressen“. Schorr schließt die Dose mit den Leckerlis und sagt: „Die beiden sind wirklich unglaublich gefräßig. Sie fressen Wasserpflanzen, aber auch Löwenzahn, Salat, Gurke und Brombeerblätter. So, jetzt gibt’s aber nichts mehr, sonst bekomme ich mit unserem Pfleger Dennis Otto und mit unserer Tierärztin Ärger. Sonst wachsen sie nämlich zu schnell“. Nach Dennis Otto sind die beiden Zierschildkröten benannt – gerade joggt er mit seinem hochgebundenen Zopf am Aquarium vorbei und winkt der Besuchergruppe. Die Tierärztin schaue alle drei Monate nach dem Rechten, erzählt die Biologin.
Eigentlich stammt die Spezies der Zierschildkröten aus Louisiana aus dem Süden Nordamerikas. „Der Panzer ist übrigens ein Teil des Skeletts und bildet sich in Sechseck-Wachstumsringen aus. Deshalb spüren die Schildkröten auch ganz genau, wenn man ihnen über den Panzer streichelt“, erzählt Christine Schorr. Die Tiere sind erst mit dem Komplettumbau vor einem guten Jahr in das Science Center eingezogen, das dafür eigens eine Zoogenehmigung bekommen hat.
An der nächsten Station warten schon Albert und Rosa auf die Besuchergruppe. „Wir haben sie nach Albert Einstein und Rosa Luxemburg benannt“, erzählt Schorr. Heute sind Albert und Rosa allerdings ein bisschen lethargisch. Die filigranen Tigerschwanz-Seepferdchen schauen aus ihrem Aquarium heraus die Besucher aus Augen an, die in verschiedene Richtungen blicken. „Wir hoffen ja immer noch, dass Albert bald schwanger wird, immerhin ist er schon ein Jahr alt. Aber irgendwie ist er ein bisschen zu dumm und zu dick dazu. Er bekommt es einfach nicht geregelt“, sagt die Biologin.
Oder aber er ist zu stressanfällig: „Wenn sich ein Seepferdchen-Männchen aufregt, dann hat es Luft im Brutbeutel“, erläutert sie. Also bekommt es von der Biologin eine sanfte Wohlfühl-Massage verpasst. Der Beutel ist nämlich extrem wichtig, weil da die Eier ausgebrütet werden, die das Weibchen dort ablegt. Das Männchen übernimmt dann die Aufzucht der Jungen. Seepferdchen kuscheln überhaupt sehr gern, erfährt das Publikum. „Aber sie sind schon ziemlich schwer zu halten“, räumt Schorr ein. Schließlich lebt die exotische Fischart sonst in tropischen Gewässern. Zwar seien Albert und Rosa permanente Fresser, aber anders als Dennis und Otto zu schlafmützig. „Sie gucken, gucken dann nochmal und fangen dann erst an zu fressen. Ich frage mich manchmal, wie es ihnen überhaupt gelingt, zu überleben. Dabei bekommen sie doch sogar schockgefrostete Salzkrebse vorgelegt“, sagt die Expertin.
Seepferdchen haben den beweglichsten, flexibelsten und stabilsten Schwanz im Tierreich. Mit ihrem aufgedrehten Schwanz, der einen quadratischen Durchmesser hat, bewegen sie sich aufrecht stehend durch das Wasser. Nur wenn es ganz schlimm käme, würden sie die Flucht in der Waagerechten antreten. Doch noch schweben sie seelenruhig in einem Wald aus roten Unterwasserpflanzen. Daneben sind ein Seestern und ein sogenannter Röhrenwurm auszumachen, der wie eine wunderschöne Rosette anmutet.
Auch an der nächsten Unterwasser-Station gibt es Meereslebewesen zu bewundern. Im azurblau beleuchteten Wasserbassin gleiten ungefährliche Ohrenquallen wie lebendige Kunstwerke hin und her. Sie brauchen lediglich Wasser, um existieren zu können.Oberstes Gebot ist, dass die Wasserqualität stimmt.