Das Thema Künstliche Intelligenz (KI) ist in den vergangenen Jahren immer wieder an den unterschiedlichsten Stellen diskutiert worden. Oftmals werden dabei auch dystopische Szenen übermächtiger Maschinen gezeichnet, die in der Evolutionskette den Menschen an sich überholen oder gar verdrängen. Selbst von Insidern wie Bill Gates oder Elon Musk sind zum Thema Künstliche Intelligenz neben visionären Tönen auch deutliche Warnungen vor lauernden Gefahren zu hören. Der Alltag sieht dann aber häufig anders und um einiges ernüchternder aus. Haben Sie zum Beispiel schon einmal versucht, Alexa oder einem anderen aktuellen Sprachassistenzsystem eine auch nur etwas kompliziertere Frage zu stellen? Falls ja, dann sind Sie vielleicht auch zu dem Ergebnis gekommen, dass der aktuelle Stand, den man im Alltag antrifft, mit Künstlicher Intelligenz (was auch immer man darunter versteht) nicht wirklich etwas zu tun hat. Was also haben all die Experten vor Augen, wenn vor Künstlicher Intelligenz gewarnt wird?
Einen ersten Eindruck, mit welchen Systemen wir in Zukunft konfrontiert sein könnten, zeigt ganz aktuell das kommerzielle Produkt GPT-3 des US-amerikanischen Unternehmens Open-AI. Bei GPT-3 handelt es sich um ein besonders leistungsstarkes und auf Sprache spezialisiertes System. Die Software leistet dabei insbesondere im Bereich der Kommunikation und der Texterstellung Erstaunliches. So ist sie in der Lage, weitaus komplexer an Gesprächen teilzunehmen, als man dies von den bekannten Sprachsystemen kennt. Zwar wird man auch bei GPT-3 mit speziellen Fragestellungen noch häufig in der Lage sein, die maschinelle Kommunikation von menschlicher zu unterscheiden. Die Grenzen verschwimmen aber immer mehr und GPT-3 lässt erahnen, dass eine Unterscheidung vom Menschen in den nächsten Versionen vielleicht nicht mehr möglich ist. Tatsächlich ist die Software auch in der Lage, Nachrichtentexte, Gedichte oder sogar Podcasts zu erstellen, die durchaus interessant sind und nicht auf Anhieb als maschinelle Inhalte erkannt werden können. Etwas beängstigend ist es dann allerdings schon, wenn GPT-3 in einem selbst erstellten Text darüber philosophiert, welche Berufe in Zukunft durch Künstliche Intelligenz ersetzt werden könnten und in diesem Kontext dem Menschen dazu rät, in Zukunft lieber einen handwerklichen Beruf zu erlernen.
Der Zugriff auf GPT-3 wird derzeit durch Open-AI eingeschränkt. So wird das Sprachsystem nicht als Open Source zur Verfügung gestellt oder direkt an Dritte verkauft. Stattdessen wird ein Zugriff auf die Software nur über Schnittstellen zugelassen. Auf diese Weise lasse sich laut Open-AI besser auf offensichtlich schädliche Anwendungsfälle wie Belästigung, Spam, Radikalisierung oder die Manipulation öffentlicher Meinungen reagieren und der Zugang könne bei Bedarf gesperrt werden. Open-AI selbst verweist in diesem Zusammenhang übrigens darauf, dass sie derzeit nicht alle möglichen Folgen ihrer Technologie vorhersehen können. Insgesamt erscheint der Ansatz, den Zugang zum System nur über Schnittstellen zu gewähren, daher begrüßenswert. Dennoch hat Open-AI vor Kurzem eine exklusive Partnerschaft mit Microsoft angekündigt, in deren Rahmen Microsoft circa eine Milliarde Dollar investiert hat und wohl auch Zugang zum Quelltext erhält.
Die Auswirkungen von KI für die Zukunft sind derzeit nur schwer absehbar. Vermutlich wird sich die Fähigkeit von Sprachassistenzsystemen schon sehr bald um einiges verbessern und es werden sich eine Reihe neuer Anwendungsbereiche entwickeln. Auch einige Produkte von Microsoft werden demnächst möglicherweise über neue Funktionen verfügen. Es ist auch möglich, dass sich bestimmte Arbeitsabläufe und Gewohnheiten in Zukunft ändern könnten – etwa die Art und Weise, wie wir im Internet recherchieren. Statt der klassischen „Google-Suche“ könnte in Zukunft einfach die Maschine gefragt werden, die dann eine Antwort parat hat. Ähnliche Lösungen gab es schon zur Jahrtausendwende – da aber noch mit menschlichen Assistenten.
Auch wenn man derzeit nicht behaupten kann, dass es sich bei GPT-3 um „echte“ künstliche Intelligenz handelt und selbst wenn die Berichterstattung rund um GPT-3 gelegentlich als „Hype“ abgetan wird, bleibt das Gefühl, dass das System schon gegenwärtig so leistungsstark ist, dass man es auch aus Sicht des Gesetzgebers durchaus in den Blick nehmen sollte – zum Beispiel um zu verhindern, dass Künstliche Intelligenz im Umfeld von Wahlen zur Meinungsmanipulation genutzt wird.
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Die Experten
Vor dem Hintergrund von Datenklau und Datenschutz beleuchten sie im WESER-KURIER regelmäßig Themen der digitalen Welt. Der Weyher Dennis-Kenji Kipker ist unter anderem als Vorstandsmitglied bei der Europäischen Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz tätig, der Stuhrer Volljurist Sven Venzke-Caprarese arbeitet als Prokurist und Justiziar bei dem Bremer Unternehmen Datenschutz Nord.
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