Bassum-Neubruchhausen. „Ein Steinhaufen hört auf, ein Steinhaufen zu sein, sobald ein einziger Mensch ihn betrachtet, der das Bild einer Kathedrale in sich trägt“. Diese schöne Umschreibung einer Vision des französischen Dichters Antoine de Saint-Exupery, könnte der Impulsgeber von Holger Rullhusen, Vorsitzender des Vereins Wassermühle Neubruchhausen, gewesen sein, als er 2014 einen ersten Blick auf das gut 400 Jahre alte baufällige Mühlenensemble an der Hache richtete.
Nun, nur gut vier Jahre später, feierte der Verein am Pfingstmontag bereits seinen zweiten Mühlenmarkt und konnte sich über elf Marktbeschicker und mehrere hundert zum großen Teil sehr interessierte Besucher freuen. Metallhandwerk, Holzschnitzereien, selbstgemachte Marmeladen und Gewürze sowie die Bovelzumft mit ihren bekannten Darbietungen bereicherten den Markt und luden zum Verweilen ein.
Höhepunkt war die offizielle Inbetriebnahme des erworbenen Herforder Motors, der kurz nach Beginn von Georg Schröder mit neun Bar Druckluft gespeist und zwei bis drei Stößen am Schwungrad gezündet wurde und seine ersten Töne von sich gab. „Rund 800 Arbeitsstunden waren nötig, um diesen alten Herren wieder zum Leben zu erwecken“, blickte Schröder stolz auf die geleistete Arbeit in der Mühle zurück.
Die ersten Kontakte für den Erhalt dieses ortsbildprägenden Gebäudes knüpfte Holger Rullhusen bereits Anfang 2015 zu der damaligen, eher sehr vorsichtig agierenden, Besitzerin Margret Wiese. „Eine ihrer Leidenschaften war der regelmäßige Verzehr von Fencheltee. Ich habe in meinem Leben nie so viel Fencheltee getrunken wie in den Gesprächen mit Frau Wiese“, erinnerte sich Rullhusen an diese Zeit. Vielleicht aber war es gerade diese Empathie, die ihm Zugang zu dieser lange zurückgezogen und allein lebenden Besitzerin verschaffte. Seine ständigen Bemühungen um Vertrauen und Ernsthaftigkeit, untermauerte Wieses Bereitschaft, die Mühle dann doch zu verkaufen. Im August 2015 wurde man sich einig und der Erwerb konnte notariell vollzogen werden.
Doch was sollte man nun mit der historischen Mühle anstellen? „Meine Frau und ich haben verschiedene Szenarien durchgespielt, bis wir dann nach vielen Gesprächen mit interessierten Leuten auf die Kombination Hotel und Mühle kamen“, so Rullhusen.
Was dann begann, ist die Geschichte über den Erhalt eines ortsbildprägenden Bauwerks und ein respektables Werk versammelter Menschenkraft. „Da wären zu nennen die Gründung des Mühlenvereins, um an öffentliche Mittel zu kommen, das Hinzuziehen von Fachleuten – als auch den Mühlenbereich. Die Koordination baulicher Instanzen wie Behörden, Architekten und Handwerker. Mehrwöchige bundesweite Bereisungen von Mühlenstandorten, um fehlende Bauteile zu erhalten“, sagt Rullhusen, der nebenbei auch noch seine Firma in Syke leiten muss.
So ist der Unternehmer dann auch der zweite Motor in diesem Bauwerk. Zusammen mit seinen beiden wichtigen „Hilfsmotoren“ Florian Butt und Georg Schröder wollen sie die Mühle in den nächsten Jahren funktionsfähig machen. „Eine Mühle, in der kein Mehl gemahlen wird, ist keine Mühle“, sagte der gelernte Müller Florian Butt, der mit nahezu 1500 Arbeitsstunden maßgeblich am Erfolg dieses Ensembles beteiligt ist: „Dann freue ich mich über das erste gebackene Neubruchhauser Mühlenbrot, welches eines Tages im angrenzenden Hotel den Gästen zum Frühstück serviert wird."