Bassum. Hatte Eike Sellmer eine Vorahnung? Die Vorsitzende des Bassumer Schulausschusses begrüßte ihre Kollegen zur "hoffentlich vermutlich letzten Sitzung in diesem Jahr". Doch die Zusammenkunft am Dienstagabend im Rathaussaal machte deutlich: Es gibt viel zu tun. Und die Zeit drängt.
Wo liegt das Problem?
"Die Schülerzahlen wachsen enorm", präsentierte Julia Niemann von der Stadtverwaltung die Wurzel der Schwierigkeiten. Beispiel Grundschule Petermoor: Dort werden die Schülerzahlen bis 2027/28 von nun 164 auf dann 241 steigen. Ein Extrembeispiel, doch alle anderen Grundschulen verzeichnen auch steigende Zahlen, wenn man den Daten aus dem Einwohnermeldeamt glaubt, die die Stadtverwaltung als Basis für ihre Rechnungen nahm. Mittelstraße und Petermoor in Bassum, Nordwohlde, Bramstedt und Neubruchhausen. Zurzeit werden dort 606 Kinder unterrichtet, 2026/27 könnten es bereits 740 sein. "Für die brauchen wir Platz", erklärt Niemann. Und das erst recht, wenn die verpflichtende Ganztagsbetreuung kommt. Auch das im Schuljahr 2026/27.
Welche Lösungsansätze liegen vor?
Erster Stadtrat Karsten Bödeker gab zu, dass die "Raumsituation an zwei Schulen sehr schwierig ist". Damit meinte er die Grundschulen am Petermoor in Bassum und in Nordwohlde. Am Petermoor habe man "die Schule komplett auf links gedreht". Das Ergebnis: "Dort existiert kein Quadratmeter mehr, der anders genutzt werden könnte als zurzeit." Zwei Klassenräume würden hier fehlen. Die kurzfristige Lösung: Mobilbauten. "Damit die Erstklässler im August 2023 auch kommen können." Dafür sollen 100.000 Euro in den Haushalt eingestellt werden.
In Nordwohlde fehlt laut Julia Niemann ein Klassenraum. Da dort das Platzangebot offensichtlich etwas größer ist, könne der Raum durch Umstrukturierungen geschaffen werden. 50.000 Euro stehen dafür im Haushalt des kommenden Jahres, der einstimmig befürwortet wurde.
An der Grundschule Mittelstraße wird gerade die Alte Schmiede so umgebaut, dass dort neben dem Werkraum auch der Hort seinen Platz findet. Und in Bramstedt entstehen momentan vier neue Klassen und zwei Differenzierungsräume durch einen Anbau (wir berichteten).
Karsten Bödeker verwies darauf, dass die steigenden Schülerzahlen "noch nicht belastbar" seien, man stehe erst am Anfang der Planungen. "Die Stadt ist an einem Punkt, an dem wir uns Gedanken machen müssen." Es müsse noch genauer hingeguckt, noch besser geplant und viel Geld investiert werden. "In der Kernstadt werden wir anbauen müssen und dürfen dabei nicht zu kurz springen." Der Erste Stadtrat riet dazu, sich externen Rat einzukaufen. Denn: "Die Situation ist nicht unbeherrschbar dramatisch, aber ernst."
Was sagt die Politik dazu?
Henning Meyer (CDU) sieht zu den Mobilklassen am Petermoor keine Alternative. Er verbat sich Denkverbote, "denn wir wollen ja weiterhin Baugebiete ausweisen". Und dorthin ziehen ja vornehmlich junge Familien mit Kindern. Hermuth Straßburg (Bürger-Block) reicht eine "temporäre Lösung nicht". Er fragte sich, ob die geplanten Einzelmaßnahmen ausreichend seien. Und er pochte auf etwas Nachhaltigeres, wollte darüber nachdenken, "was ganz Frisches auf die Wiese zu bauen, oder einen ganzen Flügel an die Grundschule Petermoor anzubauen". Dörte Binder (CDU) riet grundsätzlich zu einem stabilen Baugerüst für alle Bassumer Schulen.
Rainer Hartmann (Die Grünen) schließlich fand die "Situation im Moment nicht dramatisch". Man müsse bei den Schülerzahlen auch noch die beiden Privatschulen in Bassum berücksichtigen, die könnten Entlastung schaffen. "Wir sollten alle Möglichkeiten bedenken, bevor wir nach einer großen Lösung suchen." Das wiederum reicht Hermuth Straßburg nicht. Er will mehr Tempo, es "nicht ganz so bedächtig angehen", sondern 2023 schon zu einem Ergebnis kommen.
Das scheint auch nötig, denn Ganztagsbetreuung und steigende Schülerzahlen wirken sich nicht nur auf die Anzahl der Klassenräume aus. "Auch das Thema Mensa ist an allen Grundschulen ein riesengroßes", berichtete Julia Niemann. Und natürlich dürften die Differenzierungsräume nicht vergessen werden. "Wer zurzeit einen Differenzierungsraum hat, der hat schon viel."