Wassermühle Neubruchhausen Der Geschichte ein Stück näher

Die Arbeiten an der Wassermühle in Neubruchhausen haben sich ins Innere verlagert. Draußen ist alles schick, nun folgt die Herausforderung, das Innenleben zu gestalten und Maschinen in Gang zu bringen.
10.03.2021, 16:58 Uhr
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Der Geschichte ein Stück näher
Von Tobias Denne

Bassum-Neubruchhausen. Holger Rullhusen steigt die Treppe ins erste Geschoss hoch. Kopf einziehen, immerhin hängen die Balken dort tief. Er öffnet die Luke, sofort erhellt die strahlende Sonne einen Teil des Innenraums der alten Wassermühle in Neubruchhausen. Der Blick durch die Luke fällt direkt auf das neu gestaltete Mühlenensemble. Ein starker Kontrast zu dem, was sich in dem historischen Gebäude befindet.

Der Vorsitzende des Vereins Wassermühle Neubruchhausen dreht sich um und zeigt auf die Balken – sogenannte Pfette. „Das sind tragende Elemente, die früher einfach durchgesägt wurden, wenn etwas an der Mühle verändert wurde. Das war viele Jahrzehnte lang okay“, sagt er. Müller hatten wohl weniger Verständnis für Statik. Das Problem sieht man bereits von außen: Die Gaube ist schief. Dadurch, dass auf dieser Etage bald schwere Maschinen stehen, brauchten die Balken Verstärkung. Das war eine der Aktionen, die im vergangenen Jahr noch für die Mitglieder des Vereins möglich war. Mit der Unterstützung von Lukas Feldmann, der sich um die Statik gekümmert hat, und Reimund Schrader, der die neuen Balken besorgt hat, hält nun alles im Obergeschoss der Mühle.

Wenn die Arbeiten fertig sind, soll schließlich nichts dem Zufall überlassen werden. Besucher werden durch die Räume der Wassermühle geführt, um zu zeigen, wie die Geräte und das Gebäude früher genutzt wurden. Dafür ist zwar noch einiges zu tun, mit den schweren Maschinen zeigt sich aber, wohin die Reise geht. Selbst ein Mahlstein liegt schon bereit, eine Bauernmühle oder ein anderthalb Tonnen schwerer Walzenstuhl – quasi die Weiterentwicklung des Mahlsteins. Was fehlt sind feinere Sachen wie etwa Elevatoren, mit denen Getreide über Stockwerke transportiert wurden – und werden soll. Seit einigen Jahren arbeiten die ehrenamtlichen Mitglieder des Vereins dafür, bringen Stunde um Stunde damit zu, die Mühle wieder herzurichten. Für den Aspirateur (Reinigungsgerät, Anm. d. Red.) muss sogar der Boden aufgenommen werden, damit das Gerät per Seilzug hoch in den Dachstuhl gezogen werden kann. Die Luken sind zu klein für das schwere Gerät.

Ein Stockwerk weiter oben soll den Besuchern unter anderem gezeigt werden, wie damals Müller gearbeitet haben. Rechter Hand entsteht eine Art Schauraum. Sämtliche Geräte, vor allem kleinere, liegen fein säuberlich sortiert an der Wand. Dezimalwaagen etwa haben die Ehrenamtlichen gesammelt und nach Neubruchhausen gebracht. Der Blick fällt auf ein großes Fenster, das den Flur des neuen Hotels Zum Mühlenteich zeigt. „Früher war das durchgängig“, erzählt Rullhusen. Durch den Umbau kam eine Wand hinzu, um Hotel von Verein zu trennen. Die Gäste des Hotels können aber durch das Fenster in das Innere der Mühle schauen und die alten Geräte betrachten. „Damit es ein dunkles Loch wird, bauen wir eine Zeitschaltuhr ein“, kündigt Rullhusen eine Lichtinstallation an. Vitrinen und altes Werkzeug sollen ebenfalls ihren Platz finden. „Wir haben viele Geräte im Einsatz, aber manche werden wir nur ausstellen“, sagt er.

Einen ersten großen Schritt haben die Vereinsmitglieder vor zwei Jahren gemacht, als sie den Herforder-Motor von 1934 zum Laufen gebracht haben. Im Maschinenraum riecht es noch frisch. Der Herforder steht immer noch da, allerdings ist einiges dazu gekommen. So hängt etwa ein schwarzes Ölfass an der Wand, ebenso steht der Tank für den Dieselmotor auf dem Boden. Auch eine Schalttafel mit Armaturen findet sich mittlerweile im Motorraum. Und ein kleiner Elektromotor (sogar ein Jahr älter als der andere). „Den großen Dieselmotor anzuwerfen, ist ein großer Akt. Für kleinere Gruppen würden wir dann auf den Elektromotor zurückgreifen“, ist es laut Rullhusen nur ein kurzer Schalter, der umgelegt werden muss. Und der Motor hat in etwa dieselbe Leistung wie der große Bruder nebenan.

Vor allem Georg Schröder kümmert sich um die Instandsetzung und Wartung der Geräte, während Müller Florian Butt sich um die Arbeitsgeräte seiner Berufsvorgänger kümmert. „Sie sind beide eigentlich jedes Wochenende da“, zeigt sich Rullhusen beeindruckt von der Euphorie der beiden Experten. Auch die anderen Vereinsmitglieder helfen tatkräftig mit und holen sich Hilfe, wenn es notwendig ist. Dennoch waren die Arbeiten im vergangenen Jahr mehr Einzelaktionen. Wegen des Coronavirus konnten die Ehrenamtlichen nicht so zusammen arbeiten wie die Jahre zuvor. „Das ging kaum anders“, bedauert Rullhusen ein wenig. Er freut sich aber angesichts der Fortschritte, die gemacht wurden. Die Zeichnungen der Mühle hängen nach wie vor in dem historischen Gebäude. Butt hat sogar ein Konzept geschrieben, mit dem gezeigt werden soll, wie es künftig in der Mühle aussehen soll – „Der Weg des Getreides“. Manche Arbeiten wie der Bau von den Elevatoren werden von einer Firma übernommen, der Großteil passiert indes in Eigenleistung. „Florian (Butt, Anm. d. Red.) sagt selbst, dass das hier ein rasantes Tempo hat“, freut sich Rullhusen. Gleichzeitig warten und hoffen die Mitglieder noch auf Fördergelder, um die nächsten Arbeiten anzugehen.

Wenn alles gut läuft, hofft Rullhusen, dass in drei Jahren alles soweit ist, dass die Vorbereitungen dahingehend abgeschlossen sind, um Interessierte durch die Mühle führen zu können. So soll den Menschen die Jahrhunderte alte Handwerkskunst nähergebracht werden. Bis es soweit ist, bleibt der Blick von außen auf das Ensemble. Seit Kurzem hängt dort eine Tafel an der Mühle, die schon mal ein paar Infos über das, was die Menschen im Inneren erwartet, bereit hält – ein echtes Stück Geschichte.

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