Nein, Enttäuschung habe bei ihm an diesem Januartag nicht überwogen, schildert Spielleiter Sven Böhm. Vielmehr sei der damalige Entschluss, die diesjährige Theatersaison abzusagen, befreiend und erleichternd gewesen. Zuvor hatte die plattdeutsche Theatergruppe des TSV Süstedt noch gebangt, ob sie ihr für 2021 geplantes Stück „Champagner ton Fröhstück“ auf der Bühne aufführen kann. Anfang des Jahres wurde dann aus Unsicherheit Gewissheit: Es wird nichts, die Saison entfällt. In Absprache mit dem Vorstand des Vereins fiel die Entscheidung. Viele Aktive und potenzielle Besucher hätten gleichermaßen verständnisvoll reagiert, blickt der Spielleiter zurück. „Wir haben es bis zum Schluss versucht, aber irgendwann musste ein Punkt sein, an dem wir für alle Klarheit schaffen“, erklärt der 39-Jährige.
Ein Rückblick: Im September ging es wie sonst auch immer mit dem Üben los. Das Proben an sich war jedoch alles andere als gewöhnlich, sondern pandemisch erschwert. Mit Abstand und Masken wurde das geplante Stück einstudiert. „Es war erstaunlich, wie viel die Maske ausmacht – in puncto Gestik, Mimik, aber auch Betonung“, erinnert sich der Vilser. „Aber wir hatten trotzdem Bock“, fügt er an. Ab Oktober musste die Theatergruppe dann pandemiebedingt mitten in der Vorbereitung pausieren. Hätten die Süstedter also Anfang 2021 auf die Bühne zurückkehren können, wäre noch viel zu tun gewesen, um das Stück tatsächlich souverän zu spielen. „Wir schauen weiter von Woche zu Woche mit Optimismus auf die kommende Theatersaison“, hieß es derweil noch im Oktober auf der Internetseite des TSV.
Ein Plan stand
Gehofft wurde, zumindest vor einem kleineren Publikum als üblich aufzutreten. „Wir hatten viele Varianten, wie wir das auf die Bühne bringen können“, schildert Böhm. Eine später verworfene Überlegung war etwa eine Doppelbesetzung. Denn dann hätte jeder nur alle zwei Wochen ran gemusst und nicht jedes Wochenende. Der Zeitraum zwischen Infektion und beginnenden Corona-Symptomen wäre so bedacht worden. Auch ein Hygienekonzept war vorbereitet. Der Kartenverkauf wurde etwa nur telefonisch und online angeboten. In dieser Saison wären leidglich Besuche von Gruppen möglich gewesen. Zwischen den Gruppen hätten Mindestabstände gegolten. Geplant waren Aufführungen von Ende Januar bis März. Im Oktober wurden die Termine erst von Januar auf März verschoben, dann folgte Anfang des Jahres die Komplettabsage.
„Eine Bekannte meinte kürzlich, eigentlich sei der Theaterbesuch Teil ihres typischen Jahresablaufs“, erzählt Böhm. Überhaupt sei es für viele normal, im Januar oder Februar mit Freunden zu einem Theaterauftritt des TSV zu gehen und einen lustigen Abend zu verbringen, sagt der Vilser. Nun fehle dies. Auch für das Gasthaus Mügge, in dem sonst aufgetreten wird, sei der Ausfall sehr bitter. Der Spielleiter selbst habe gemerkt: „Es ist komisch, jedes Wochenende freizuhaben.“ Aber es sei auch wirklich schade. „Dieses Treffen und das Schnacken fehlen am meisten“, gesteht der 39-Jährige. Bei der Gruppe ist es Tradition, am Premierenabend mit Sekt anzustoßen. Per Video wurde darauf auch 2021 am eigentlichen Abend nicht verzichtet. Zudem schaut Böhm zurzeit gerne Aufnahmen von alten Auftritten.

Seinen Bauwagen im eigenen Garten nutzt Spielleiter Böhm gerne fürs Lesen von Theatertexten.
Was würde es für die Theatergruppe bedeuten, wenn sich die Pandemiesituation im Sommer entspannt? „Dann gibt es auf jeden Fall den Gedanken, was Kleines zu machen“, antwortet der Spielleiter. „Da gibt es genug Leute bei uns, die verrückte Ideen und Lust haben." Dann ergänzt er: „Ein bisschen fällt man raus, aber man verlernt das Spielen nicht und wird wieder schnell drin sein – wie beim Fahrradfahren.“ In jedem Fall soll es im Herbst möglichst wieder mit Proben losgehen – für die Saison 2022. „Irgendwann wird es wieder besser. Ich gehe da positiv dran“, betont Böhm. Deshalb sei er in seiner Rolle als Spielleiter aktuell auch schon mit Überlegungen beschäftigt, was nächste Saison auf der Bühne stattfinden soll. Eine Option sei es, "Champagner ton Fröhstück" einfach mit ins kommende Jahr zu nehmen.
Theater in Asendorf und Homfeld
Sven Böhm macht auch darauf aufmerksam, dass zwei weitere Theatergruppen in der Samtgemeinde Bruchhausen-Vilsen ebenfalls ihre aktuellen Aufführungen absagen mussten. Während der Saisonvorbereitung seien die Gruppen im Austausch gewesen, um zu sehen, wie die jeweils anderen mit der Pandemie umgehen. Beim Asendorfer Verein De Spektaklers sollte im Februar und März eigentlich erneut „Familie Hummel“ aufgeführt werden. Bereits Anfang 2020 stand das plattdeutsche Stück auf dem Programm. Die damalige Saison konnte jedoch nicht wie geplant zu Ende gebracht werden, als die Pandemie begann. Nun wird hingegen überlegt, vielleicht im Sommer etwas auf die Bühne zu stellen – zum Beispiel an der frischen Luft. Beim plattdeutschen Theater Homfeld beginnt die Saison derweil immer schon vor dem Jahreswechsel. Also wurde dort bereits im Oktober entschieden, die Aufführungen abzusagen.
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