Martfeld-Kleinenborstel. Flurbereinigung - das klingt nach einer örtlichen Aufräumaktion in der Natur. Der Name wird dem Programm eigentlich nicht gerecht. Es wird auch Flurneuordnung oder landwirtschaftliches Neuordnungssystem genannt. Und das passt schon besser. Ein Ziel ist es, zersplitterten Grundbesitz durch Verlegungen für die Besitzer wieder zu einem Block zusammenzuführen. In Kleinenborstel geht es bei der Flurbereinigung vornehmlich um den Wegeausbau. Unter anderem dafür wurden jetzt vom Amt für regionale Landesentwicklung (ArL) in Sulingen 2,1 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.
2,8 Millionen Euro werden insgesamt investiert – für das 100-Einwohner-Dörfchen klingt das wie das Ende aller Sorgen. Doch Fakt ist: Hinter diesem Zuschlag steht bereits eine Menge Arbeit. 2018 gab es die erste Besprechung in Sachen Flurbereinigung. Am 8. Januar 2019 schloss sich eine Bürgerinformationsveranstaltung im Gasthaus Dunekack an, aus der heraus sich ein Arbeitskreis rekrutierte. Die Mitglieder: Erika Becker, Herwart Jütjens, Frank Köster, Heiner Köster, Karin Köster, Michael Lackmann, Mark Löhmann, Bernd Meyer, Gerd Uwe Meyer, Hendrik Meyer, Johann Meyer, Kristina Strangmann, Jörn Stubbemann und Joachim Wicke.
Dieser Arbeitskreis hat bislang siebenmal getagt. Allein das, so rechnet Frank Köster vor, seien insgesamt schon etwa 250 Arbeitsstunden. Doch nicht nur das. Die 13 Freiwilligen haben „die Wege begutachtet und dabei auch die Ökologie im Auge behalten“, lobt Samtgemeindebürgermeister Bernd Bormann. Auch Olaf Stührmann, Teildezernatsleiter beim ArL in Sulingen, fand die Arbeit des Arbeitskreises „beachtenswert“. Sein Kollege Heinrich Dammeier hielt allein die Zusammensetzung dieses Gremiums „schon für etwas Besonderes“. 13 Männer und Frauen – das gebe es in anderen Orten nicht. Er habe an verschiedenen Sitzungen teilgenommen, die Ehrenamtlichen begleitet. Die seien herumgefahren, hätten sich umgeschaut und letztlich „alles, was relevant ist, auf den Tisch gebracht“.
Was sich als gar nicht so einfach herausstellte. „Die Landwirtschaft befindet sich in einem enormen Strukturwandel“, hat Heiner Köster, neben Michael Lackmann und Joachim Wicke federführend in diesem Projekt, beobachtet. In Kleinenborstel gebe es nur noch zwei oder drei Landwirte im Haupterwerb, dazu 5 bis sechs Bauern im Nebenerwerb und viele Pferdehalter. 24 Betriebe seien mittlerweile verpachtet, 26 Flächen hätten „Eigentümer, die nicht in Kleinenborstel wohnen“. Da grenzt schon die Informationsbeschaffung an ein kleines Wunder.
Doch der Arbeitskreis hat es geschafft. 18,2 Kilometer Wege sollen ausgebaut werden, 13 Kilometer mit Asphalt, 4,7 Kilometer mit Schotter, 500 Meter als Erdweg. Dazu kommt ein Grünordnungskonzept, das 6,5 Kilometer Uferstreifen am Aalfleet und am Normannshäuser Graben vorsieht. In Sachen Gewässerrandstreifen sieht Olaf Stührmann Kleinenborstel gar als Vorreiter.
Die Kosten: insgesamt 2,8 Millionen Euro. 2,1 Millionen übernehmen Bund, Land und die Europäische Union. Der Rest muss von der Gemeinde getragen werden. Die Eigenleistung der Kleinenborsteler liegt bei 280.000 Euro, die die Teilnehmer an der Flurbereinigung tragen. Der Preis liegt bei 400 Euro pro Hektar. 420.000 Euro kommen aus dem Gemeindesäckel. Trotz Geldmangel übernehme die Gemeinde laut Bürgermeisterin Marlies Plate die nicht gedeckten Mittel. „Für uns ist das eine Win-Win-Situation.“
Nächster Schritt zur Flurbereinigung wäre nun eine Bürgerversammlung, findet Olaf Stührmann. Für mehr Information und vor allem wegen des Feedbacks. Das allerdings sei „in Corona-Zeiten nicht einfach“. Online würde die ArL das nicht machen wollen, „also warten wir jetzt ab“. Die Einladung dafür soll an alle Kleinenborsteler herausgehen – auch, um die Stimmung im Dorf besser einschätzen zu können. Im dritten oder vierten Quartal dieses Jahres soll das Verfahren eingeleitet und ein Vorstand gewählt werden. Stührmann rechnet damit, dass im Jahre 2024 „erste Baumaßnahmen“ angepackt werden können, „bis dahin müssen wir die Voraussetzungen dafür schaffen“. In elf bis zwölf Jahren soll das Verfahren dann abgeschlossen sein.
Viel Arbeit also für den Arbeitskreis. Heiner Köster schätzt die Stundenzahl, die er und jeder seiner zwölf Mitstreiter inzwischen investiert hat, auf „eine dreistellige Zahl“. Wenn 2033 gegengerechnet wird, werden die 2,8 Millionen Euro wohl nicht mehr so traumhaft klingen. Wie dem auch sei: Für Bernd Bormann ist die Arbeit des Arbeitskreises „nicht zu bezahlen“.
Flurbereinigung im Internet
Wer sich in Sachen Flurbereinigung in Kleinenborstel schlau machen will, kann das über die Internetseite der Gemeinde machen. Wer auf www.martfeld.de den Reiter „Gemeinde“ anklickt, kann danach „Flurbereinigung Kleinenborstel“ auswählen. Dort befinden sich nicht nur berichtende Worte über die einführende Bürgerversammlung im Gasthaus Dunekack, sondern auch die Protokolle aller Arbeitskreissitzungen. Darüber hinaus hat das Amt für regionale Landesentwicklung dort die Gebietskarte und das Maßnahmenkonzept eingestellt.