Kleinenborstel. Erst 30 Jahre nach dem Eintritt in den Schützenverein Kleinenborstel gelang Stefan Habekost die erste Teilnahme an den Deutschen Meisterschaften. Er erreichte ein Ziel, das viele Sportschützen anstreben. Damit platzte im Jahr 2009 der Knoten, denn weitere Starts folgten mittlerweile. Besonders gern denkt er aber nicht nur an sein DM-Debüt, sondern auch die Teilnahme im Olympia-Jahr 2016 zurück und erinnert sich noch genau daran.
Der 55-jährige Stefan Habekost ist nicht nur aktiver Sportschütze, sondern auch Jugendtrainer im Schützenverein Kleinenborstel, und er würde zu gern auch einmal mit seinen Nachwuchsschützen in Garching-Hochbrück bei München teilnehmen, doch darauf muss er bislang noch warten. Er selbst gehört mittlerweile zu den Senioren und startete in den beiden zurückliegenden Jahren in Hannover bei der Auflage-DM mit der Luftpistole. „Mit 55 Jahren ist bei uns Schützen noch lange nicht Schluss, und es wird stetig weiter trainiert“, nennt der Kleinenborsteler seinen Leitspruch.
Genau 30 Jahre nach seinem Eintritt in den Schützenverein erreichte Habekost das angestrebte Ziel der DM-Teilnahme, doch dazu war viel Training und auch etwas Glück notwendig. „Am Anfang steht immer das Training. Ohne das läuft wie in allen anderen Sportarten gar nichts“, weiß er genau. Doch dann muss der ehrgeizige Sportler bei den Meisterschaften auf den Tag genau fit sein, um sich für die nächste Ebene zu qualifizieren. Der Weg zur DM ist bei den Sportschützen lang – angefangen bei den Vereinstitelkämpfen, über die Kreis- und die Bezirksmeisterschaft bis hin zur entscheidenden Landesmeisterschaft.
Die lange Phase des Wartens
„Am Tag der Landesmeisterschaft (im Nordwestdeutschen Schützenbund/NWDSB, Anm. d. Red.) musste ich voll fit und konzentriert sein, um mein bestes Ergebnis zu schießen. Das Ziel war irgendwas über 590 Ringe in der Disziplin Englisch Match – also bei 60 Schuss im Liegendanschlag mit dem Kleinkalibergewehr – zu erreichen, um zumindest eine Chance zu haben. Die Nervosität war zwangsläufig vorhanden, hat sich aber langsam gelegt, nachdem ich gemerkt hatte, dass es mein Tag ist. Am Ende stand mit 591 Ringen mein Bestergebnis in den Listen.“ Damit begann für den Kleinenborsteler die Phase des Wartens, denn erst, wenn alle Landesverbände in ganz Deutschland ihre Meisterschaften absolviert haben, wird das Qualifikations-Limit festgelegt. „Wochenlang habe ich fast täglich online geguckt, ob die Limit-Zahlen schon bekannt gegeben wurden. Am Tag der 100-Jahr-Feier unseres Vereins war es so weit. Es war klar, ich hatte es geschafft!“
Zum ersten Mal durfte Stefan Habekost an der DM in Garching-Hochbrück teilnehmen. „Das Grinsen habe ich den ganzen Tag nicht mehr aus meinem Gesicht bekommen, so toll war diese Nachricht für mich, dass ich mein sportliches Lebensziel endlich erreicht hatte.“ Damit begann der organisatorische Teil für den Weg nach Bayern. Urlaub musste unter anderem eingereicht werden, Freunde wurden nach dem passenden Hotel gefragt und dieses gebucht.
Schließlich kam der Tag der Anreise. 716 Kilometer mit dem Auto lagen hinter dem Kleinenborsteler, als er auf der ehemaligen Olympia-Schießanlage eintraf. Zunächst wollte er sein Sportgerät in der Waffenkammer einschließen lassen. Auf dem Weg dorthin war alles sehr beeindruckend, besonders die Größe der gesamten Anlage. „Alle, die irgendetwas mit dem Schießsport zu tun haben, sind dort vertreten. Waffenhersteller, Ausrüstungsfirmen, Hersteller von Schießanlagen und noch einige andere. Gestaunt habe ich auch darüber, wen man alles so trifft. Viele Bekannte aus dem eigenen Bezirk waren auch dort, und das Grüßen nahm fast kein Ende“, erinnert sich Habekost an seine ersten Eindrücke, als wenn es gestern gewesen wäre.
Nachdem das Sportgerät endlich in der Waffenkammer eingeschlossen war, musste der Kleinkaliberschütze aus Niedersachsen noch zur Bekleidungskontrolle. „Bei 30 Grad im Schatten durfte ich meine komplette Garnitur anziehen, damit die Prüfer die vorgegebenen Maße kontrollieren konnten. Der Schweiß lief, aber alles war in Ordnung“, erinnert sich Habekost. Dann zog er schnell wieder seine Klamotten aus. Für den ersten Tag war Feierabend, sodass es ab ins Hotel gehen konnte, wo der Abend mit Freunden bei einem guten Essen ausklang.
Am zweiten Tag holte der NWDSB-Schütze sein Sportgerät ab, um es beim Waffenhersteller durchsehen zu lassen. „Damit ich sicher sein konnte, dass mein Gewehr beim Wettkampf keinen Defekt hat“, begründet der Liegend-Schütze diese Vorsichtsmaßnahme.
In der Zwischenzeit schaute sich Habekost verschiedene Wettkämpfe der anderen Schützen an und verfolgte dabei auch einige Finaldurchgänge. „Der Nordwestdeutsche Schützenbund ist jedes Jahr mit einem kleinen Zelt vor Ort vertreten. Dort kann man sich mit den anderen Schützen unterhalten und einfach nur mal einen Kaffee trinken. Eine kleine Shopping-Tour war bei dem großen Angebot auch eingeplant und hat das Geld im Portemonnaie schnell schrumpfen lassen, denn mit der richtigen Ausrüstung geht alles etwas einfacher.“
Von der DM auf den Heiratsmarkt
Am nächsten Tag war es dann so weit – Wettkampfstart um 8 Uhr. „Dafür mussten wir früh hoch, um vorher zu frühstücken und zur Anlage zu fahren. Die Nervosität stieg immer weiter an. Klar war: Jetzt an alles denken und nichts falsch machen, denn alles war sehr professionell organisiert. Das erfordert volle Konzentration von so einem Amateur wie mir. Stand 73 war für mich reserviert“, erinnert sich der Kleinenborsteler. Es war für ihn schon ein großartiges Gefühl, mit den 100 besten Schützen Deutschlands einen Wettkampf zu bestreiten.
Das Ziel war klar – nur nicht Letzter werden. Es lief einigermaßen für Habekost, und am Ende waren es 577 Ringe, die Platz 83 brachten. „Nicht mein bestes Ergebnis, aber das Ziel war erreicht“, sagt Habekost heute.
Schließlich wurden noch schnell die Sachen wieder eingepackt, ehe es auf die Heimreise ging, denn am Dienstag war Brokser Heiratsmarkt und auf dem sollte das verlängerte Wochenende zum krönenden Abschluss gebracht werden.
Ein Highlight bei weiteren Teilnahmen war 2016, denn im Olympiajahr waren auch die deutschen Goldmedaillen-Gewinner in München vertreten. „Olympiasieger zum Anfassen, ohne Bodyguard oder Kofferträger. Alles ganz normale Teilnehmer, die jederzeit gern einen Autogrammwunsch erfüllt haben. Auch das Du, wie man es unter den Schützen kennt, war für sie kein Problem. Wenn man die Olympiasieger dann noch bei ihren Wettkämpfen gesehen hat, weiß man, warum sich viel Training lohnt,“ stellte Habekost fest.
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