Stuhr-Fahrenhorst. Eine schmale Leiter steht angelehnt an einem noch schmaleren, dünnen Baum. Rita Wolff vom Naturschutzbund (Nabu) Stuhr klettert mit einem Eimer in der Hand elf Sprossen der Leiter hinauf, bis sie den Nistkasten, der auf vier Metern Höhe befestigt ist, erreicht. Oben angekommen, klopft sie vorsichtig gegen den Kasten und wartet: „Das ist wichtig, weil Mäuse oder Eichhörnchen drinnen sein können. Wenn man klopft, würden die rausspringen.“ Jörg Böttcher, Erster Vorsitzender des Nabu Stuhr, hält die Leiter unten gut fest, während Wolff die Klappe des Kastens langsam öffnet. Mit einem Spachtel und einer Bürste reinigt sie ihn, indem sie das sich drinnen befindende Nest in ihren Eimer kehrt. „Das machen wir immer seitlich, weil einem sonst alles entgegen kommt“, sagt Wolff und befreit den Kasten von letzten Moos- und Staubresten. Auch auf Beschädigungen wird dabei geachtet.
Sicher wieder unten angekommen, wird das Nest begutachtet, um festzustellen, welche Vogelart hier brütete. In der Region leben rund 20 Baumhöhlenbrüter, von denen einige die Nistkästen des Stuhrer Nabu nutzen. Monika Stöhr, ebenfalls Mitglied des Nabu, beugt sich über das Nest und zückt Block und Stift. Denn sie dokumentiert die Funde in den einzelnen Kästen. „Wir haben hier ein bisschen Moos, rote Wolle und Bastfäden“, sagt Böttcher und stellt gemeinsam mit den anderen Naturschützern fest, dass es sich dabei um das Nest einer Kohlmeise handelt.
Die Mitglieder des Nabu Stuhr sind seit vergangener Woche wieder in Wäldern unterwegs, um die mehr als 300 Nistkästen in der Region zu reinigen. „Die Hauptarbeit ist das Reinigen der Kästen und zu schauen, ob sie repariert oder ausgetauscht werden müssen“, betont Gerd Hoppe vom Nabu. Gemeinsam mit acht Helfern, in drei Teams aufgeteilt, kontrolliert er die über 100 Nistkästen im Bradenholz. „Diesen Standort haben wir im vergangenen Jahr erst neu belegt“, so Hoppe. Da die Naturschützer bei den Kontrollgängen immer häufiger von interessierten Leuten angesprochen werden, hat der Nabu bei dieser Nistkästen-Aktion Leute dazu eingeladen, den Naturschützern beim Reinigen und Bestimmen der Nester über die Schulter zu schauen.
Tatkräftige Unterstützung
Diese Möglichkeit hat sich Waldemar Miske aus Leeste nicht entgehen lassen und schließt sich einer Gruppe bei der Reinigung an. Er gehe hier im Bradenholz oft spazieren und hat von der Nistkästen-Aktion aus der Zeitung erfahren. „Ich liebe die Natur allgemein und bin früher auf dem Land aufgewachsen“, berichtet der Naturfreund und packt gleich mit an. Er trägt die Leiter zum nächsten Nistkasten und erzählt: „Ich bin zwar selbst nicht beim Nabu, aber ich habe viele eigene Kästen, die ich betreue.“ Diese baue er selbst und verteilt sie in Weyhe. „Im Mühlenkamp in Leeste bin ich auch aktiv, da hängen über 40 Stück davon.“ Nun möchte er sich die Arbeitsweise des Nabu Stuhr anschauen und dabei Neues dazulernen: „Ich habe gelesen, dass man am Nest sehen kann, zu welchem Vogel es gehört.“ Auch Ingrid Werner hat sich der Nistkästen-Aktion spontan angeschlossen. Sie selbst ist Mitglied des Nabu und zum ersten Mal bei der Reinigung dabei.
Gerade die regelmäßige Reinigung der Kästen nach der Brutzeit ist enorm wichtig, weiß Monika Stöhr und erklärt: „Die Kästen sind voll mit Parasiten und wenn man sie nicht reinigen würde, dann würden die Vögel nicht wieder hinein gehen.“ Aber auch die Nässe, die sich über die Zeit im Nest ansammelt, ist problematisch. Die Vögel, die dort Unterschlupf suchen, unterkühlen, sagt Rita Wolff, die mehr als zehn Jahre Nisthilfen-Erfahrung hat. „Von Lore Friedrichs, Urgestein des Nabu, habe ich all mein Wissen über die Vögel und Nesterbestimmung gelernt. Sie ist mein Vorbild, weil sie mit großer Freude und viel Elan immer dabei geblieben ist“, berichtet sie lächelnd und macht sich bereit, um den nächsten Kasten zu reinigen. „Wenn man sieht, dass jeder Kasten belegt ist, sieht man auch, dass es sich lohnt. Es macht Mut, nicht aufzuhören. Aber auch das Zusammenarbeiten macht mir viel Spaß.“
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