VON RENATE SCHÖRKEN
Syke·Stuhr. Nach Arbeitslosigkeit und langer Krankheit war das Geld knapp, Rechnungen konnten nicht bezahlt werden, nicht mal ein Geschenk für den kleinen Sohn war drin. In dieser Situation wurde ein 42-jähriger Berufskraftfahrer aus Delmenhorst zum Paletten-Dieb. Im Syker Amtsgericht kassierte er jetzt für 23 Fälle eine Freiheitsstrafe von einem Jahr, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Als Auflage muss er 1200 Euro an die Landeskasse zahlen.
Mit auf der Anklagebank saßen ein ebenfalls des gewerblichen Diebstahls beschuldigter Kollege aus Syke und zwei der Hehlerei angeklagte Palettenhändler aus Stuhr und Delmenhorst. Diese Verfahren wurden mit Zustimmung aller Prozessbeteiligten gegen Zahlungsauflagen eingestellt. Die zivilrechtlichen Auseinandersetzungen um Schadenswiedergutmachung sind von der Gerichtsentscheidung nicht betroffen. Für die Spedition soll ein Schaden von knapp 50000 Euro entstanden sein.
Der verurteilte Familienvater war für ein Subunternehmen tätig, das im Auftrag einer Bremer Spedition fuhr. Über zwei Monate hinweg, im März und April 2008, verschaffte er sich nach eigenem Eingeständnis durch Diebstahl ein ansehnliches Zubrot. Nahezu täglich, so steht es in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Verden, verkaufte der 42-Jährige unter falschem Namen etwa 20 Paletten an einen damaligen Stuhrer Händler. Dafür kassierte er Summen um die 200 Euro, mal etwas weniger, mal deutlich mehr. Nach den Quittungen, die die Polizei bei dem Aufkäufer fand, müssen es fast 5000 Euro gewesen sein, die der Mann sich ergaunerte.
"Endlich", gestand der Delmenhorster im Gerichtssaal, "konnte man sich auch mal etwas leisten, stand nicht dauernd der Gerichtsvollzieher vor der Tür." Den Tipp habe er von Kollegen bekommen. "Das machen doch fast alle. In der Branche ist das Alltag. Fahrer, die Paletten anbieten, werden vom Handel mit offenen Armen aufgenommen." Die Speditionen machten es Dieben leicht, versicherte der Angeklagte. Ihnen fehle der Überblick über den Palettenbestand. "Auf den Fahrten sind immer welche übrig, die zur Sicherung der Ladung verwendet werden. Sie werden nicht gezählt und tauchen nicht in den Rollkarten auf." Solche Paletten werden nach den Worten des Angeklagten dann unterwegs verkauft. Er selbst habe sich damals überhaupt keinen Kopf gemacht. "Es war schön, das Geld zu haben. Heute weiß ich, dass es das Dümmste war, das ich machen konnte", bekannte der bislang unbescholtene Familienvater.
Die Einnahmequelle versiegte, als am 11. April 2008 die Polizei auf dem Achimer Lagerplatz der Spedition erschien. Da hatte der Mann den Erlös für seinen letzten Diebstahl noch in der Geldbörse.